laut.de-Kritik
Der Mann an Gillian Welchs Seite. Mit Welch an der Seite.
Review von Giuliano BenassiEr sei der originellste Gitarrist seiner Generation, urteilte die Zeitschrift New Yorker über den Musiker aus Rhode Island, der seit Beginn der 1990er Jahre an der Seite Gillian Welchs spielt. Ihre Beziehung ist so eng, dass sie ihn auch bei den Bemühungen unter eigenem Namen unterstützt.
So auch auf seinem vorliegenden dritten Album (die ersten zwei veröffentlichte er als Dave Rawlings Machine). Von Originalität ist allerdings wenig zu hören, denn was das Paar hier bietet (mit Welch im Hintergrund) ist eine Mischung aus Country und Folk, die weitgehend schon vor 70 oder 80 Jahren hätte erscheinen können. In diesem Sinne also zeitlos.
Auf jedem Fall bereitet es Freude, ihnen und ihren Mitstreitern zuzuhören, darunter Labelkollege Willie Wilson und Ketch Secor von Old Crow Medicine Show. Um die Aufnahmen, die in Nashville und selbstverständlich auf analogem Material stattfanden, kümmerte sich Ken Scott, der seine Karriere 1964 als einer der Tontechniker auf "A Hard Days Night" der Beatles begann und seit 2014 in der Hauptstadt des Country wohnt.
Gekonnt setzt Rawlings bekannte Elemente in seine Kompositionen ein. Am auffälligsten in "Good God A Woman", dessen Melodie von Johnny Cashs "I Got Stripes" stammt. Cash wiederum hatte sie Lead Bellys "Yellow Women's Doorbell" entliehen, dieser wiederum hatte sie wer weiß woher. Im eigenen Text bietet Rawlings einen eigenen, augenzwinkernden Blick auf die Schöpfungsgeschichte. Wo bleibt die Frau, fragt er immer wieder, bis ihm Gott am sechsten Tag endlich den Wunsch erfüllt.
Die musikalische Suche lässt sich beliebig fortsetzen. Der Beginn von "Cumberland Gap" erinnert an Neil Youngs "Old Man", "Guitar Man" dagegen an "The Weight" von The Band aus dem Soundtrack zu "Easy Rider".
Und so weiter. Mit zweistimmigem Gesang, Gitarren, Fiddle, Banjo, einem zurückhaltenden Schlagzeug, dafür umso prominenteren Bass, gelegentlich auch einer Orgel lädt "Poor David's Almanack" zum fröhlichen Schunkeln ein. Oder zumindest zum wohlwollenden Nicken.
Noch keine Kommentare