laut.de-Kritik
Auf dem Abenteuerspielplatz der elektronischen Musik.
Review von Ulf KubankeWürde man den guten Norman Kolodziej a.k.a. Tante Renate als Hans-Dampf in allen Elektro-Gassen bezeichnen, wäre das so falsch nicht. Langsam, aber stetig zementiert DTR seinen Ruf, das tanzbare Technofeld von hinten aufzurollen. Das vierte Album "Splitter" geht diesen Weg jedoch nicht immer konsequent weiter.
Grundsätzlich bleibt das weite Feld zwischen Techno, Rave und EBM, Futurepop Renates großer Abenteuerspielplatz. Dennoch zündet nicht jeder Song auf der knapp 45-minütigen vierten Scheibe. Der Opener "Trapped" gerät zwar druckvoll. Der Track krankt dennoch an totaler Belanglosigkeit und Einfachheit. Er möchte so gar nicht im Ohr bleiben.
"Vagabond" hingegen ist großes Stromkreiskino. Als technoider Bastard mit EBM-Elementen und Futurepop-Touch rudert DTR hier stark in Richtung Wumpscut zu "Delicverance"-Zeiten. Der melancholische Refrain hypnotisiert sofort und klebt wie Teer im Gehörgang.
"Disconnect" fügt dem Gebräu zurückhaltend ein paar metallische Stromgitarren hinzu. Robo-Voice und Samples tun ihr übriges; unwiderstehlicher Elektrorock. "Slackers Day Off" führt den Breakdance Elektropop a la "Axel F" ins 21. Ravejahrhundert. "Stumpf, Schwarz" flackert melodisch zwischen roh und poppig hin und her. Und zum guten Schluss zeigt "43644466" noch mal die intensive Jean Michel Jarre-Seite der alten Tante.
Diesen Perlen stehen aber leider auch hingeschluderte Nummern wie "Becknaktodrom", "Propaganda" oder "Psychobot" entgegen. Solche Songs hört man zigtausendfach in den Tanztempeln dieser Welt. Sie entbehren - ob der eigenen Flachheit - jeglicher interessanten Idee und langweilen mit Routine.
Unverständlich bleibt auch, warum DTR es von Album zu Album nicht schafft, den anziehend fiesen, ungeschliffenen und herrlich rotzigen Live-Metalgitarreneffekt im Studio ebenso kompromisslos umzusetzen. Die zarten glatt gebügelten Riffs und Hooklines auf "Splitter" sind soundtechnisch ja eher eine sanfte Fußnote; kein knallendes Brett.
Alles in allem überwiegen jedoch die positiven unterhaltenden Elemente. Der Klangcocktail macht einfach Spaß, ohne ambitioniert zu sein. Wer sich hierauf einlässt, kann sicherlich nicht so schnell den "Splitter" aus dem eigenen Ohr ziehen.
24 Kommentare
Daniel, mstr... wer auch immer hier Renade hört. Neues Album baaallert.
http://myspace.com/dertanterenate
Gibts Review auf laut? matze?
23.3., ich bin dabei...
Köln wird gebumst.
Auch schon gesehen in Augsburg und gleich die CD mitgenommen. Der Review passt leider wie die Faust aufs Auge. Verdammt, lass sie Gitarren rocken auf CD!!!
Grats zum Cover... an wenn auch immer...
die sache mit den gitarren will mir einfach nicht einleuchten.
gerade wenn jemand sich verbal vor allem auf metal als ursprungsenergie für die songs beruft.
live klappt das ja auch.
aber im studio waren da echt andere elektro-pioniere - wie die jungs von kmfdm - schon vor 15 jahren deutlich weiter.
mal drei kmfdm-beispiele statt vieler anderer für ne synthese aus elektro und gitarren:
drug against war
http://www.youtube.com/watch?v=cogqqLXwRBQ
megalomaniac
http://www.youtube.com/watch?v=xwhOTNQcQq4
anarchy
http://www.youtube.com/watch?v=KzOoBzi-b9o
@Yoless (« Grats zum Cover... an wenn auch immer... »):