laut.de-Kritik
Schöner und erwachsener kann moderne, populäre Musik kaum sein.
Review von Kai KoppPersönlicher, reifer, eigener, mutiger und besser denn je präsentiert sich Diana Krall auf ihrem neuen Album. "Ich habe in den letzten Jahren eine Reihe schwerer persönlicher Verluste und tiefschürfender Veränderungen erlebt (Anm. d. Red.: sie verlor im vergangenen Jahr außer ihrer Mutter zwei enge Freunde). Zum Glück traf ich Elvis Costello und alles bekam eine gute, inspirierte Wendung. Die Heirat mit ihm beschließt für mich ein großes Kapitel in meinem ganz persönlichen Geschichtenbuch. Diese CD handelt davon."
Diana Krall eröffnet "The Girl In The Other Room" mit einer deepen Blues-Interpretation von Mose Allisons "Stop This World". Die Atmosphäre, die sie dabei zaubert, füllt den Raum mit Sehnsucht und Leidenschaft. Diese Gefühle durchlebt sie im Verlauf des Albums in all ihren Schattierungen musikalisch, textlich und persönlich. Zum ausgiebig darin Baden laden die Stimmungen ein, mit denen sie das Wohnzimmer flutet.
Über Tom Waits zufriedenes Lächeln über ihre gelungene Songwriter-Jazz-Interpretation von "Temptation" durfte sie sich schon bei einem Live-Konzert freuen, zu dem der persönliche Freund ihres Mannes angereist war. Wer schon lange mal wieder eine perfekte Besen-rührt-Snare-Swing-Ballade hören wollte, wird "Almost Blue" lieben, das ursprünglich aus der Feder ihres Gatten stammt.
Ideenflow ohne Ende und ein Arrangement, das gesiezt gehört, kennzeichnen die Bonnie Raitt-Adaption "Love Me Like A Man". Als handfester Blues inszeniert, artet der Song gegen Ende in eine Solo-Session aus, die als musikalischen Höhepunkt durchgeknallte Laid-Back-Unisono-Breaks ejakuliert. Wow! So was bekommen nur eingespielte Bands in den Griff. Diana Krall kann sich auf ihre langjährigen Weggefährten Christian McBride (bass), Jeff Hamilton (dr) und Anthony Wilson (git) eben verlassen.
"The Girl In The Other Room" überzeugt über die gesamte Länge auf allen Ebenen. Eine hervorragende Produktion, die den Eindruck vermittelt, Diana Krall sitze mit ihrem Flügel im eigenen Wohnzimmer, rundet die musikalische Substanz ab. Tommy LiPuma hat ganze Arbeit geleistet und dem Album einen intimen, warmen und persönlichen Sound verpasst, der den künstlerischen Sinnesrausch vervollkommnet.
Der Thron der derzeit erfolgreichsten Jazzsängerin dürfte auch in Zukunft nicht gefährdet sein. "Meine neue CD signalisiert eine neue künstlerische Richtung" erläutert Diana Krall. Dieser neue Weg präsentiert sie als gefühlvolle Songwriterin, virtuose Pianistin, intime Sängerin und ideenreiche Arrangeurin mit klaren Vorstellungen, welche Stimmung transportiert werden soll. Schöner und erwachsener kann moderne, populäre Musik kaum sein.
Noch keine Kommentare