laut.de-Kritik

Didos Version von "Netflix & Chill".

Review von

Das erste Album nach sechsjähriger Pause überlagert ein großes Thema: Didos späte Mutterschaft und ihr Rückzug ins Private. Die aktuellen Songs bewirbt sie als Familienprojekt, denn ihr Bruder fungiert als Produzent und ihr inzwischen siebenjähriger Sohn als Supervisor. Es durften nur Songs aufs Album, die ihm gefallen. Kinder und Musikgeschmack ist allerdings eine heikle Kombination, so dass diese Aussage wohl eher unter Promo abzuhaken ist.

Ob Songs wie der elektronisch-unterkühlte Opener "Hurricanes" wirklich Kinderohren erfreut, sei dahingestellt, er ist jedenfalls noch einer der stärkeren Stücke des Albums. Bruder und Faithless-Mastermind Rollo Armstrong, für den Dido einst als Backgroundsängerin arbeitete, verpasste einigen Tracks eine Nullerjahre-Atmosphäre. So treffen in Liedern wie "Hell After This" reduzierte Beats auf viel Hall und Pianoflächen.

Mut zum Minimalismus beweist "Still On My Mind" dann jedoch nicht, stattdessen wechseln sich zögerliche Electro-Stücke und Balladen in bekannter Dido-Manier ab. Immer noch einzigartig ist dabei Didos Stimme, die einerseits warm und umarmend klingt, manchmal aber auch distanziert und abgeklärt. Dass sie viele Songs vom heimischen Sofa aus eingesungen hat, hört man der Platte leider auch irgendwie an.

Zwar überwiegt eine entspannte Atmosphäre, aber für mehr als eine ansprechende Pausenmusik zwischen Kaffeemachen und Checken des Instagram-Profils taugen die neuen Dido-Songs nun auch nicht. Eine Playlist, die ob ihrer musikalischen Ziellosigkeit letztlich träge wirkt. Im Song "Chances" fasst die 47-Jährige selbst am besten zusammen, wie man sich nach dem Hören des Albums fühlt: "All I did today was wake up and watch TV". Wären die Songs nicht auf so eigenartige Art zeitlos, wäre "Netflix & Chill" der naheliegendste Albumtitel. Dürfte ihrem Sohn sicher auch bekannt vorkommen.

Trackliste

  1. 1. Hurricanes
  2. 2. Give You Up
  3. 3. Hell After This
  4. 4. You Don't Need A God
  5. 5. Take You Home
  6. 6. Some Kind Of Love
  7. 7. Still On My Mind
  8. 8. Mad Love
  9. 9. Friends
  10. 10. Chances
  11. 11. Have To Stay

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1 Kommentar

  • Vor 5 Jahren

    "Zwar überwiegt eine entspannte Atmosphäre, aber für mehr als eine ansprechende Pausenmusik zwischen Kaffeemachen und Checken des Instagram-Profils taugen die neuen Dido-Songs nun auch nicht."

    Trifft es (leider) ganz gut. An das Niveau des großartigen No Angel kam Dido leider nie wieder ran.