laut.de-Kritik

Kuschelige Grüße Richtung Nickelback.

Review von

Mit dem epischen Cover-Meilenstein "The Sound Of Silence" veröffentlichten Disturbed im Herbst 2015 eine Ballade, die ihnen so nur die wenigsten Fans und Experten zugetraut hätten. Drei Jahre später bekommt der geschmeidige Sound-Frischling nun noch ein paar ähnlich gestrickte Brüderchen und Schwesterchen an die Hand.

Vier Mal ziehen die Herren um Sänger und Band-Aushängeschild David Draiman auf ihrem neuen Studioalbum "Evolution" die Amp-Stecker und lassen den großen Gefühlen freien Lauf. Das ist nicht nur gemessen an der Gesamtzahl der neuen Songs (zehn) ziemlich gewagt, sondern auch in Anbetracht der Tatsache, dass es sich hier um eine Band handelt, die zwanzig Jahre lang wunderbar ohne Material aus der Schmusekiste auskam.

Sicher, die Band zieht alle Register, pendelt gekonnt zwischen Bombast und Kammerspiel hin und her und hat mit dem abschließenden "Already Gone" auch einen Filler-Kandidaten für die nächste "Kuschelrock"-Compilation am Start. Aber so richtig zünden will keine der Lagerfeuer-Raketen.

Zu aufgesetzt und angepasst wirken die mediterranen Akustik-Klänge ("Hold On To Memories"), frühstücksradiotauglichen Schunkel-Vibes ("Watch You Burn") und Kuschel-Grüße in Richtung Nickelback oder 3 Doors Down ("A Reason To Fight"). Dass die Band mit ihrem siebten Studiowerk am Ende nicht komplett baden geht, liegt an dem wieder einmal überdurchschnittlichen Material aus der härteren Schublade.

Mag sein, dass auch im Distortion-Bereich die ganz großen Hausnummern fehlen. Aber mit Songs wie dem eröffnenden "Are You Ready", der satt wummernden, in puncto Groove an Marilyn Manson erinnernden Album-Speerspitze "No More" und dem dynamisch scheppernden Riff-Spektakel "Stronger On Your Own" beweisen Disturbed, dass ihnen im Bereich Modern Metal immer noch kaum eine andere Combo das Wasser reichen kann.

Laut hui, leise pfui? Vielleicht geht man mit diesem Fazit ein Schritt zu weit. Aber die Richtung stimmt. Nach einer knappen Dreiviertelstunde ist man als Fan der Band von der neuen Ausrichtung jedenfalls noch nicht überzeugt.

Trackliste

  1. 1. Are You Ready
  2. 2. No More
  3. 3. A Reason To Fight
  4. 4. In Another Time
  5. 5. Stronger On Your Own
  6. 6. Hold On To Memories
  7. 7. Saviour Of Nothing
  8. 8. Watch You Burn
  9. 9. The Best Ones Lie
  10. 10. Already Gone

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8 Kommentare mit einer Antwort

  • Vor 6 Jahren

    Ja sie wollten ihr Black Album schaffen. Ich habe es mit meiner Freundin angehört und wir sind beide gegen Ende friedlich entschlummert. Mein Tipp an die Jungs entweder gleich Bob Rock als Produzenten verpflichten oder John Mutt Lange engagieren.

  • Vor 6 Jahren

    Nach dem zweiten Album abgeschaltet. Bei „Sound of Silence“ kam mir kurz etwas Kotze hoch.
    Next!

  • Vor 6 Jahren

    Ich fand Immortalized richtig geil - das hier hingegen empfinde ich als Frechheit. Ist mir ein Rätsel, wie ihr da 3/5 für geben könnt.
    Man hört (nicht nur wegen der Balladen) einfach extrem raus, dass sie an den kommerziellen Erfolg von Sound of Silence anknüpfen wollen. Zehn Songs und davon vier Akustikballaden?! Im Ernst? Und dann so ein Schund a la Are you Ready? Die geben sich hier nicht mal Mühe zu verschleiern, dass sie kurz vor dem Ruhestand die Kuh nochmal so richtig melken wollen...

  • Vor 6 Jahren

    Leider ein richtig schwaches Album. Ich glaub da kommt auch nichts besseres mehr. Wenn Dramain den Dreck hier mit dem Schwarzen von Metallica vergleicht kann man das Ding final abhaken. War schön aber jetzt ist Finito, wenigstens bleiben uns die alten Alben.

  • Vor 6 Jahren

    Ich habe mir das Album genau einmal angehört, dazu öfters resignierend mit dem Kopf geschüttelt und frage mich seitdem immer noch, wann ich das letzte mal 'ne Scheibe gehört habe, die so offensichtlich auf Kommerz getrimmt war wie "Evolution". Man hätte es wirklich beim guten "Immortalized" belassen und endgültig abdanken sollen, anstatt den Erfolg von "Sound Of Silence" so zu interpretieren, dass man nun plötzlich eigene cheesy Balladen nachschieben muss, um damit das ideenlose Metal-Songwriting zu kompensieren.

  • Vor 5 Jahren

    Ich hab's zweimal versucht anzuhören, aber beide Male nach 2/3 abgebrochen, weil es mich so dermaßen angeödet hat. Die ersten 2-3 Songs sind vielleicht noch passabel, aber bei allem darauffolgenden frage ich mich, wo das Adrenalin und die Power, die Disturbed vor vielen Jahren mal hatten, nur hin sind. Ach ja, richtig...
    1/5