laut.de-Kritik
Arschwackeln statt Kopfdisco.
Review von Daniel StraubWas Southside und Hurricane für Deutschland, ist das Rock Werchter für unsere belgischen Nachbarn. Seit Jahren spielen hier die Acts, die in der Alternative-Szene Rang und Namen haben. In diesem Jahr mischte sich ein Fremdkörper darunter.
Nachdem Pearl Jam, Interpol und die Beastie Boys ihre Sets gespielt hatten, gehörte die Bühne Dr. Lektroluv. Electro statt Rock lautete nun das Motto.
Keine leichte Aufgabe für einen DJ. Gut dass Dr. Lektroluv ein altgedienter Plattendreher ist und die richtigen Tracks mit sich führt. Wäre es vor einigen Jahren noch recht schwierig gewesen, ein auf Gitarren eingetuntes Publikum mit Electro zu begeistern, so ist dies heute viel leichter möglich.
Zahlreiche Crossover-Projekte versöhnten elektronische Beats mit Gitarren. Jüngste Beispiele dafür sind Acts wie Simian Mobile Disco, Justice und Digitalism.
Sie alle rocken kräftig nach vorn, allerdings mit elektronischen Mitteln. Auf diese großen Namen muss ein Insider wie Dr. Lektroluv zwar nicht zurückgreifen. Sein Set funktioniert aber ähnlich.
Dicke Beats (Kavinsky - "Testarossa"), ab und an ein plakativer Trommelwirbel (Acid Jacks - "Awake Since 87"), knarzende Basslines (Tiga - "You Gonna Want Me"), verschwurbelte Acid-Einlagen (LFO - "Freaks") und immer mal wieder ein paar eingestreute Vocals - diese Welt ist dann auch Alternative-Fans gar nicht mehr so fremd.
Wenn sich zwischendurch sogar noch eine bekannte Nummer (Mighty Dub Cats - "Magic Carpet Ride") daruntermischt, steht einem bierseligen Festivalausklang zu Electro-Klängen nichts mehr im Weg.
Dennoch: Bei der Trackauswahl, dem Mix und der Dramatik des Sets muss man einige Abstriche hinnehmen. Bestenfalls durchschnittlich ist die Performance von Dr. Lektroluv unterm Strich.
Das Set überzeugt allenfalls mit dem pragmatischen Ansatz, vor dem Publikum den Hut zu ziehen. Dr. Lektroluv gibt daher nicht den großen Technomissionar, sondern will seinen Zuhörern einen Zugang zu Techno aufzeigen, der eher über Arschwackeln als über Kopf-Disco funktioniert.
Noch keine Kommentare