laut.de-Kritik

Liebe und Weltekel post Schnipo Schranke.

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"Stabil Labil" ist ein After-Party-Album. Zuerst einmal für die Post-Schnipo Schranke-Party. Zwei Alben lang lag Deutschland der Band zu Füßen, vom Feuilleton (clevere Frauen machen cleveren Dada Pop) hin zu Jutebeutel-Fetischist*innen tanzten alle Engtanz zu "Cluburlaub in der Karibik / Die Sorgen sind hier klein, doch die Cocktails sind riesig". Doch jede gute Party geht vorbei, die meisten eben viel zu früh. Die Glücklichen unter uns schleppen auf der Party aber jemanden ab und Daniela Reis hat genau das mit ihrem Ente gemacht. Bei Schnipo Schranke noch Schlagzeuger, ist er längst Ehemann und Duettpartner. Gemeinsam nennen sie sich Ducks On Drugs und machen Electropop für Katertage, schale Konterbiere und Tiefkühlpizza um 5 Uhr morgens.

Die Arbeit ist dabei via Ehevertrag strikt aufgeteilt und getrennt. Daniela singt und spielt eine erdige Garage Rock-Gitarre, Ente legt ein minimalistisch-analytisches Schlagzeug-Fundament und verzerrt seine Keyboards fröhlich dadaistisch, damit sie wie Flummis durch die kargen Landschaften der Songs hüpfen. Gelegentlich wirft er noch etwas aus dem Hintergrund ein und klingt dabei wie ein verregneter Aschenbecher.

"Süße Musik" mischt diesem simplistischen Ansatz dem fiebrigen Schweiß der Neuen Deutschen Härte bei. Schnelle, hektische Drums laden zum gefühlsvertreibenden Rave in verrauchten Kellerzimmern ein, nur kurze Xylophon-Interims lassen Verschnaufpausen zu. Dazu himmelt Reis ihren Ente an. "Du bleibst bei mir / auch wenn ich Psychosen schieb / und wenn du mich noch liebst / dann hast du eine Honda geleast". Das hier mag keine Romcom mit Hugh Grant sein, die großen Gefühle werden trotzdem verhandelt.

Um Liebe geht es auch im exzellenten "Ich Bin Dein Schmerz", allerdings die asymmetrische Liebe zwischen einer Frau und ihren chronischen Schmerzen. Egal, was sie macht, er bleibt einfach immer da. "Diät und Morphine" mögen kurzzeitig Linderung verschaffen, Lösungen sind sie wahrlich nicht. Die Gitarre klingt nach 70er Jahre-Mackerrock, verzerrt, dreckig und repetitiv, nach dem Refrain pfeift Ente eine verstörende Kindermelodie. Danielas Gitarrenriff baut sich mit fortschreitender Zeit immer weiter auf, gipfelt in fiebriger Dopplung des Keyboards, während der Refrain "Ich bin dein Schmerz / dein rasendes Herz" zur Verschwörung des eigenen Körpers gegen die Vernunft mutiert.

"Learn To Kill" schielt hingegen zu den Männern, die den Deutschen einst Englisch neu beibrachten, als selbstverständliche Erweiterung der eigenen Sprache, den Burgenland-Dandys Ja, Panik. Die Gitarren schwingen beschwipst, das Keyboard blubbert wie ein Bass vor sich hin, während Reis das distanziert-harte Englisch Spechtls imitiert. Voll Weltekel deklamiert sie: "I was born against my will!" Diese Misanthropie durchzieht "Tierisch Lieb". Von Beginn an war das zwischen der Welt und den Ducks keine Liebesbeziehung: "Meine Geburt war mit der Zange". Dazu kredenzen sie ein beinahe platonisches Ideal ihrer Musik. Das Schlagzeug akzentuiert stoisch, die Gitarre sägt in den Song und lässt somit genügend Platz für die behäbigen Kindermelodien des Keyboards und die kontrastierenden Stimmen der Band.

In diesem Rahmen aus Zweisamkeit, Alltag(sschmerzen) und Welthass suchen Ducks On Drugs nach sich selbst, halten sich fest und geben sich zum Schluss in "Baby Duck" doch noch einmal den Drogen hin. Auch wenn sie beteuern, "heute sind wir nüchtern", scheint der Rausch sie nicht verlassen zu haben. Exzessiver Fernsehkonsum bietet einen Aufschub, die Liebe ebenso, doch es folgt unausweichlich "die lange Nacht des Rückfalls".

Trackliste

  1. 1. Mowgli
  2. 2. Süße Musik
  3. 3. Gib Mir Gefühle
  4. 4. Ich Bin Dein Schmerz
  5. 5. Rock To Sleep
  6. 6. Learn To Kill
  7. 7. Liebling, Keine Sorge, Wir Sind Stars
  8. 8. Tierisch Lieb
  9. 9. Wir Flippen Aus
  10. 10. Fear The Fear
  11. 11. Helden
  12. 12. Baby Duck

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