laut.de-Kritik

Punk im Herzen, Americana im Blut.

Review von

Dass Slash nicht das einzige Guns N' Roses-Mitglied ist, das auf eigenen Beinen stehen kann, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Bitter nötig, wenn man sich die stimmliche Verfassung von Axl Rose in jüngerer Zeit anhört. Aber das ist ein anderes Thema.

Duff McKagan, ewiger Sidekick mit Charme und Haltung, hat sich über die Jahre ein beachtliches Solo-Portfolio zusammengeschraubt. Punk im Herzen, Americana im Blut, und in den letzten Jahren mehr Singer-Songwriter als Rockbassistenpose. Das neue Live-Album "Lighthouse: Live From London", aufgenommen am 5. Oktober 2024 in der Islington Assembly Hall, soll nun das Beste aus all diesen Welten zusammenfassen – und scheitert genau an diesem Doppel-Anspruch.

Schon der Opener "Forgiveness" verrät, woran es krankt: Hier wurde im Nachhinein ordentlich herumgeschustert. Das Publikum hört man bestenfalls als atmosphärisches Hintergrundrauschen zwischen den Songs. Live-Feeling? Fehlanzeige. Wer echtes Bühnenflimmern sucht, bekommt hier eher einen sauber polierten Studiomix mit eingestreuten Applausinseln.

Schade, denn die Setlist liest sich eigentlich wie eine Liebeserklärung an McKagans Karriere: von "Chip Away" und "Tenderness" über "This Is The Song" bis hin zu einer überraschend wuchtigen Version von "You're Crazy". Wenn die Band mal loslässt, etwa bei "Holy Water/I Wanna Be Your Dog" oder dem Cover von "I Fought The Law", blitzt etwas auf von der Energie, die McKagan immer wieder so sympathisch macht – dieser raue, unaufgeregte Punk-Spirit unter all der Americana-Schicht.

Und dann sind da die Highlights: "Heroes", mit Sex Pistols-Legende Steve Jones, ist tatsächlich ein Gänsehautmoment. Kein bloßes Cover, sondern eine innige Hommage an Bowie – getragen von Gitarren, die mehr Herz als Virtuosität zeigen. Auch "Can't Put Your Arms Around A Memory" erinnert daran, warum McKagan immer schon eher ein Gefühlsmensch als ein Gitarrengott war.

Problematisch wird es, sobald McKagan die Akustik-Gitarre wieder zu fest umarmt. Songs wie "Lighthouse" oder "FallenOnes" klingen, als seien sie in einem Studio aufgeräumt und anschließend in ein Live-Gewand gepresst worden. Da fehlen Dreck, Schweiß, Gefahr und somit alles, was ein echter Konzertmitschnitt eigentlich liefern sollte.

Optisch setzt sich das fort: Das Cover ist so unauffällig, dass man fast vergisst, wer hier überhaupt drauf ist. Während Kollege Slash längst zum wandelnden Markenzeichen aus Hut, Schlangen und Goldtop-Gibson mutiert ist, bleibt Duff das sympathische Gesicht von nebenan – leider auch beim Artwork.

Am Ende bleibt ein Album, das zwischen Authentizität und Hochglanz schwankt. Gute Songs, gute Musiker, keine Frage. Aber ein Livealbum sollte leben – atmen, stolpern, brennen. "Lighthouse: Live From London" wirkt stattdessen wie ein schön verpacktes Andenken für Sammler: nett anzusehen, aber ohne den Schweißgeruch des echten Abends. Duff McKagan bleibt der bodenständigste Rockstar, den man sich vorstellen kann. Nur leider klingt dieses Livealbum, als hätte er sich beim Mastering die Hände gewaschen.

Trackliste

  1. 1. Forgiveness
  2. 2. Chip Away
  3. 3. This Is The Song
  4. 4. I Saw God On 10th St.
  5. 5. Tenderness
  6. 6. Feel
  7. 7. Holy Water/I Wanna Be Your Dog
  8. 8. I Just Don't Know
  9. 9. FallenOnes
  10. 10. Fallen
  11. 11. Wasted Heart
  12. 12. Longfeather
  13. 13. Just Another Shakedown
  14. 14. I Fought The Law
  15. 15. You’re Crazy
  16. 16. Lighthouse
  17. 17. Can’t Put Your Arms Around A Memory
  18. 18. Heroes
  19. 19. Don’t Look Behind You

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