laut.de-Kritik

Weinerlich und locker: die volle Indie-Dröhnung.

Review von

Wären Matt Berninger und Brent Knopf Kinder des großen Rock-Zirkus, man könnte EL VY als Supergroup bezeichnen. Doch weder Berninger, der mit seiner Band The National inzwischen auf Stadion-Niveau tourt, noch Brent Knopf, immerhin Gründungsmitglied des Portland-Geheimtipps Menomena, hegten bisher Ambitionen in diese Richtung. Trotzdem schießen EL VY mit ihrem Debüt "Return To The Moon" mal eben eine Platte aus der Hüfte, die verspielte Pop-Arrangements, große Rock-Moves und einfühlsame Indierock-Prosa gleichermaßen beherrscht.

Bei gemeinsamen Tourneen ihrer Bands lernten sich Berninger und Knopf einst kennen. Letzterer teilte mit Berninger daraufhin um die 400 Song-Skizzen, die er nicht für seine anderen Projekte verwenden wollte. Von Zeit zu Zeit suchte sich der The National-Frontmann daraus die seiner Meinung nach besten aus und packte sie in einen Ordner auf seinem Desktop, unauffällig "The Moon" betitelt, da er oft zu später Stunde daran arbeitete.

Lange Zeit – zirka zehn Jahre, wenn man den Aussagen der Musiker Glauben schenken darf – passierte nicht viel damit. Vergangenen Winter fanden Berninger und Knopf endlich Zeit für die Arbeit an den Skizzen. Betrachtet man die Qualität der elf Songs auf "Return To The Moon", erscheint es beinahe töricht, dass der Output der Musiker so lange auf sich hat warten lassen.

Sänger Berninger erschafft einen konzeptuellen Erzählstrang um die Kunstfiguren Didi und Michael (die zwei Mitgliedern der Minutemen, einer Hardcore-Band aus den 80ern, nachempfunden sind), um die er verfremdete autobiographische Erlebnisse strickt. Klar könnte dieser einsame Rockstar, dessen wilde Fantasie in "I'm The Man To Be" Ausdruck findet, auch Berninger selbst sein: "I'm peaceful 'cause my dick's in sunlight / held up by kites / 'cause I'm the man to be."

Berninger liefert jede Menge griffige Phrasen, während sich seine Stimme sanft über die Melodien tastet. Knopf, der vor allem die Instrumentale der Platte beisteuerte, macht einen unspektakulären, aber guten Job. Auf "Return To The Moon" bleiben nicht nur die Refrains wundervoll im Ohr hängen. Knopf streut als Gegengewicht zum typisch monotonen Berninger-Gesang immer wieder catchy Riffs ein ("Sad Case", "Happiness Missouri"). Zusammen mit einem nüchternen Drumset und jeder Menge Synth-Bässen bringt er "Return To The Moon" so den perfekten Groove bei.

Auch wenn Berninger und Knopf EL VY eher als einmalige Kollaboration und nicht als wirkliche Band betrachten: Auf "Return To The Moon" finden sie die perfekte Mischung zwischen poppiger Weinerlichkeit, exzessivem Lockermachen und Indie-Dröhnung. Wenn "Return To The Moon" Knopf und Berninger tatsächlich so leicht von der Hand ging, wie das Album klingt, dann bleibt es hoffentlich nicht die einzige Zusammenarbeit zwischen diesen Indie-Stars.

Trackliste

  1. 1. Return To The Moon
  2. 2. I'm The Man To Be
  3. 3. Paul Is Alive
  4. 4. Need A Friend
  5. 5. Silent Ivy Hotel
  6. 6. No Time To Crank The Sun
  7. 7. It's A Game
  8. 8. Sleepin' Light
  9. 9. Sad Case
  10. 10. Happiness, Missouri
  11. 11. Careless

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LAUT.DE-PORTRÄT El Vy

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3 Kommentare mit 3 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    Wirklich gutes Album, aber ich denke wenn man The National drauf schreiben würde, könnte man auch nichts sagen, der Unterschied im Sound ist jetzt nicht wirklich groß meiner Meinung nach.

    • Vor 9 Jahren

      Hm, ich habs bis auf einzelne Songs noch nicht gehört, aber es ist für mich schwer vorstellbar. The National (oder zumindest ihre guten Alben) leben für mich ziemlich von dem etwas unorthodoxen Schlagzeugspiel, arbeiten sie hier nicht hauptsächlich mit Drumcomputer?

    • Vor 9 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 9 Jahren

      Stimmt, das meiste ist aus dem Computer, aber ich persönlich merke da jetzt keinen so großen Unterschied. Und bei The National überhöre ich das nach einer Weile sowieso eher als das es mir jetzt bewusst gefällt.

  • Vor 9 Jahren

    10 Jahre 400 Skizzen liegen lassen. "What the fuck" geht in manchen Köpfen nur vor? Eigentlich müsste man die 2 oder 3? Jungs in Ketten auf eine Livebühne schlören und nicht unter 100 Gigs in 364 Tagen wieder losbinden. :P

    Gruß Speedi

  • Vor 8 Jahren

    hach, the national.. ich sehne mich nach einem nachfolger von "trouble will find me", dessen veröffentlichung immerhin 2 1/2 jahre zurückliegt.. aber wenn matt berninger bei iwas anderem dabei ist, dann labe ich mich an jeder silbe von ihm, nur eben mit the national im hinterkopf. entsprechend wenig objektiv bzw mit der gebotenen voreingenommenheit lässt sich sagen: "el vy" von el vy ist ein vergleichsweise gutes album. die lyrics enthüllen, wie gewohnt, nach und nach thematisch zusammenhängende geschichten, die ne ziemlich zynische weltsicht mit witz und melancholie verbinden. vorgetragen werden sie von dieser einzigartigen bariton-stimme matt berningers, die so vorzüglich arroganz, nüchterne analyse, resignation, rebellion und sehnsucht transportiert. allerdings fehlen mir bei el vy die intensiven leidenschaftlichen ausbrüche in berningers gesang wie sie eben bei the national auftreten, die evozierten bilder sind meist - für meinen geschmack - zu konkret und zu zynisch und lassen damit einfach zu wenig freiraum für die dunkelschwarze romantik, die einfach zu the national gehört. musikalisch erreichen die songs von el vy (fast) nie die erzählerische und emotionale "epik" - die unendliche leere oder den euphorischen gipfelsturm - und die großen melodien von the national (ausnahme: "no time to crack the sun"). das album ist dafür flott und hält in seinem rockigeren grundton starke riffs parat, es setzt mehr auf elektro, enthält überraschende brüche und wendungen, liefert durchaus bewegende meldodien, eingängige refrains und nachdenkliche passagen.
    dennoch: el vy sind für mich nur the national light.. und ich warte immer noch auf den nachfolger von "trouble will find me"...