laut.de-Kritik
Postpunk-Wutgebräu aus der Arbeiterstadt Leeds.
Review von Michael SchuhNeun Sekunden lang röhrt die hallverstärkte Gitarrenrückkopplung zu Beginn dieses Debütalbums, ohne dass sich irgendein anderes Geräusch einmischt, doch dann gehts ganz schnell: Bass und Bassdrum synchron, 1-2-3-4, bumm, bumm, bumm, bumm, das klingt düster und vor allem laut, selbst wenn man die Musik leise gedreht hat. Dann die Drums, zwei Gitarren und um dem Songtitel zur Ehre zu gereichen, brechen George Mitchells hohe Fuck Off-Vocals über einem herein und rütteln gehörig an den "Nerve Endings", unseren Nervenenden.
Aber muss es nicht genau so sein, wenn von zünftigem Punkrock - oder in diesem Fall Postpunk - die Rede ist? Alles richtig gemacht. Die britischen Eagulls spielen bereits seit 2009 zusammen, was zwar erklärt, warum dieses Debüt so bemerkenswert ausgereift klingt. Die den Songs innewohnende Dringlichkeit lässt dagegen vermuten, der Fünfer habe die Songs schon ein halbes Jahr nach Gründung eingeholzt.
Hierzulande reüssierten die Briten Ende 2013 dank des mit düsterer Joy Division-Bassline ausgestatteten "Tough Luck", das so wohlig nach den 80ern klingt, wie damals Interpols Debütalbum, und ähnlich mühelos einen markanten Refrain von der Leine lässt, der - im Gegensatz zu Interpol damals - aber nicht so gut wie jeden Albumtrack schmückt.
Spätestens bei Mitchells Aussprache des Wortes Glück ("luck" wie "look"), dürfte den meisten dann dämmern, dass hier keine Londoner Hipstertruppe vorstellig wird, sondern fünf Jungs aus der nördlichen Arbeiterstadt Leeds, die deshalb auch noch wissen, wer die Mekons sind. Passend dazu klingt Mitchell stets so frustriert, als würde er nie Mädchen abbekommen, was andererseits aber auch egal ist, weil er sowieso nur zuhause Platten hört oder sein Bier im Proberaum trinkt.
"Possessed" mag der eingängigste Song der Platte sein, doch selbst hier durchdringt den Soundteppich eine Heavyness, die sich Teile der Band in früheren Hardocore-Formationen angeeignet haben dürften. Das zeternde "Hollow Visions" und der Speed-Track "Fester / Blister" beeindruckenden beide mit wuchtigen Gitarrenmelodien, in "Soulless Youth" sind es eher Mitchells Worte "I never feel fine / They're soulless inside ... the soulless youth".
Zwei Jahre hintereinander stell0ten die Eagulls ihr Wutgebräu nun schon auf der texanischen Branchenmesse South By Southwest vor, mit den artverwandten Fucked Up und Iceage teilte man schon die Bühnen und jüngst wurde die eigene Heimat per Franz Ferdinand-Support angeschnauzt. Die Saat ist nicht nur gelegt, sie geht bereits auf.
2 Kommentare
Interessante Review, werde auf jeden Fall mal reinhören.
Ui, das Album haut rein