laut.de-Kritik
Wenn Kopf, Herz, Können und Seele zusammen kommen.
Review von Sven KabelitzHaben Sie noch Sex oder hören Sie schon Jazz? Manchmal scheint es fast so, als wolle man in dem von Miesepetern und Besserwissern bevölkerten Genreumfeld gar keinen Nachwuchs und langsam aussterben. Wenn dank Kamasi Washington, Flying Lotus und Kendrick Lamar nach Jahrzehnten mal wieder etwas Licht auf uns fällt, muss man sofort jegliche Lebensfreude aus der Musik diskutieren. Weg mit den Blagen. Wir wollen alleine bleiben!
Gut, dass sich Musiker wie der Brasilianer Ed Motta um so etwas nicht scheren und weiterhin Sonnenschein in das Genre bringen. Nachdem er auf "Chapter 9" mit elektronischen Klängen experimentierte und auf "AOR" in das Miami der Achtziger übersiedelte, legt das brasilianische Hawaiihemd des Jazz nun eine Platte vor, die sich zu einer Hälfte in Soul, zur anderen Hälfte in Jazz aufteilt.
Die samtig weiche Stimme des Neffen des 1987 verstorbenen Tim Maia steht im Mittelpunkt, vereinigt die unterschiedlichen Einflüsse, fügt sie zu einem organischen Gesamtbild zusammen. An seiner Seite lässt er immer genug Luft für seine Mitmusiker, die diesmal aus der ausgezeichneten Patrice Rushen ("Forget Me Nots" aka "Men In Black"), Hubert Laws, Marvin 'Smitty' Smith, Greg Philinganes und vielen anderen bestehen.
Mit dem federweichen Earth, Wind & Fire-Einstieg "Captain's Refusal" legt der Multiinstrumentalist Motta eine geschickte Verlinkung zum Vorgänger "AOR". Voll Flamingo. In berauschend arrangierten "Good Intetentions" erinnert er an Stevie Wonders beste Tage zu Zeiten von "Songs In The Key Of Life". Das von Steely Dan beeinflusste "Heritage Deja Vu" lässt Patrice Rushen allen Platz, um sich an den Keyboards zu entfalten.
Der "Jazz-Gate"-Teil lässt der Musik zunehmend Raum, um sich vom Songwriting zu emanzipieren. Mit feinen Scat-Einlagen, verschnörkelten Kontrabassläufen und ausufernden Soli öffnet sich Motta seinen Wurzeln. Er zeigt seinen Facettenreichtum, ohne dabei seine positive Energie zu verlieren. Der Bebop "The Owner" gipfelt in Curtis Taylors Trompetensolo, "A Town In Flames" mit Hubert Laws Flötenspiel. Das finale "Overblown Overweight", das den Saxofonisten Rickey Woodard ins Rampenlicht stellt, fasst die zweite Hälfte noch einmal imposant zusammen.
Mit "Perpetual Gateways" vereinigt Ed Motta ein weiteres Mal Kopf und Herz, Können und Seele zu einem Ganzen. Er bleibt ein Strahlemann, von dessen Glanz sich manch ein Muffelkopf inspirieren lassen sollte. "Sommer, Sonne, Sonnenschein zieh' ich mir furchtbar gerne rein / Das war nie genug, doch hier ist 'Lass die Sonne rein'."
1 Kommentar mit 5 Antworten
Wenn ich solche Reviews lese, dann komm ich mir winzig vor und etwas veralbert. Scheint eine Masche zu sein, die Hörgewohnheiten vom fachkundigem Publikum auf die Probe stellen zu wollen, mit der artigem Niveau. Dann noch ausgerechnet Sven Kabelitz, wie war das? Über Duran Duran Plastik, Phil Weichspül dein Ohr Collins nun zu so einer Hardcore ich komm aus dem Dschungel Mucke. Ich packe das nicht. Keine Ahnung was den Sven 2016 gerieten hat. Wenn er sich 2017 zu den Eskimos aufmacht und dort das Wahnsinn mir ist Kalt Album des Jahres ausgräbt, blendet es bitte aus, nur für mich. Danke! Und das ist mein voller Ernst, ich bin leidenschaftlich überfordert.
Dich mag ich, mit Jazz Sven hab ich meine Schwierigkeiten. Ed Motta was ist das? Hört sich an wie ne Magarine. Glaub nicht, das den Kram noch jemand hört, ausser SVEN
Find ich geil, Kritik an Kritikern. Wat mut, dat mut
speedie jetzt auch im zynikerstyle unterwegs ?
Wow...Speedi macht sich tagtäglich in immer neue Untiefen auf. Unglaublich.
@Harbes, zunächst einmal, extra einen Account aufmachen um seine ach so kritischen Wortfetzen hier los zu werden obwohl man eigentlich unter anderem Namen unterwegs ist, hat sich hier letzte Woche selbst hingerichtet. Aber woher solltest du das auch wissen?
@derHerrvonWelt. Empfand das oben geschriebene nicht besonders zynisch. Schludrig rein gekloppt sicher.
Ed Motta hatte ich schon mal gehört, der mag auch in Brasilien eine Macht sein. Auch für die internationale Jazzszene. Nur eben bei mir nicht. Zu Jazz hab ich wenig Zugang. Was Musik betrifft, wünsche ich mir aber nichts sehnlicher als sagen wir mal Bewusstseinserweiterung. Lieber Kritiker erhelle meine beschränkten Geist.
An den Kritiker Sven gerichtet, mit Duran Duran und Phil Collins ist ihm das auch vorzüglich gelungen. Insbesondere die anschließende Diskussion war erhellend. An das Album des Jahres, Eskimos besingen den Wal und der Eisbär verspeiste drei ihrer Liebsten, glaube ich trotzdem nicht.
Klartext, ich glaube so geht es vielen und da muss einfach mehr kommen vom Kritiker, damit ich in Zukunft das Album kaufe.
Gruß Speedi