laut.de-Kritik
Ein Querschnitt aus 15 Jahren Gheddo.
Review von Marvin MüllerWenn Eko gerade nicht Musik macht, was mit Blick auf seinen enormen künstlerischen Output (zum Beispiel zwei Tage vor Albumrelease ein Mixtape droppen) eigentlich nicht sehr oft der Fall sein kann, betätigt er sich als Schauspieler, leidenschaftlicher Twitterer und politischer Aufklärer.
Haben seine vielen Facetten in der Vergangenheit vermehrt dafür gesorgt, dass Ek teils Comedy-, teils Ghetto-Platten in einem undefinierbaren und nicht wirklich genießbaren Matsch zusammenrührte, zeigt sich das neunte Werk "Freezy" ungewohnt stringent und beinahe straight forward. Selbstironie und Spitzen gegen andere Künstler dürfen natürlich bei aller Gheddo-Mentalität nicht fehlen.
"Peter Hartz präsentiert: die Köln-Kalk-Legende, Rapschwergewicht und Champion des Volks! Sie nennen ihn: Freezy!" Mit diesem Worten lässt sich Eko in alter Boxer-Manier ankündigen, schwebt dann locker auf dem Beat und unterstreicht seine inzwischen lange Jahre umfassende Erfahrung mit dem Sprechgesang mit Flow und bestechenden Pointen. "Bringe den deutschen Rap back zur Essenz", verspricht er im etwas großspurigen, aber augenzwinkernden "Intro".
"Insallah" bietet einen entspannten Sample-Beat, auf dem Eko einen klassischen Trap-Flow ausprobiert. Der kommt leider nicht sonderlich gut rüber. Es wird allerdings auch nicht klar, ob er diesen persifliert oder ernst meint. Wie auch immer, bei Eko verläuft die Grenze wohl ohnehin fließend.
In "Danke Ek!" belebt er den Sonnenbank-Flow wieder und gibt sich als dessen Urheber zu erkennen. Er zieht in der Hook ein entsprechendes Kay One-Sample aus dem Hut und erschafft damit einen Song, der an den Bushido-Klassiker aus dunkelster Stunde erinnert, gepaart mit Parts von Freezy himself ... na, danke, Ek! Darauf hat die Welt gewartet. Wenn nicht jetzt, dann zumindest vor acht ahnungslosen Jahren.
"Mund Auf, Ich Komme" unterhält trotz seines beabsichtigt unzeitgemäßen Beats mit starken Parts, in denen einen die Lust auf Rap aus jeder Zeile des Künstlers anspringt. "Mund auf, ich komme, König von Deutschland. Ich war jung und brauchte Geld, aber heute: läuft, Mann. Früher Hartz IV, heute Ghetto-Millionär", stellt Ek klar.
Generell kommt von den Produktionen auf "Freezy" leider keine einzige an den Druck der alten DJ Rocky- oder Kingsize-Beats von 2006 heran. Auch der Einfluss dieser Jahre schimmert nur hier und da aus den einzelnen Tracks heraus. Zudem finden sich auf der Platte einige Totalausfälle.
So geht "Rap-Lexikon (Band 2)" spätestens nach den ersten 30 Sekunden nach hinten los. "Mit Bora zusammen reimen, hat keinen Zweck, Zweck, Zweck, du Kek. Bevor du hier ein Signing in die Scheckheftecke setzt, ihr habt Lieder, aber meistens hat der Dreck, Dreck, Dreck keinen Swag", ist zwar technisch in Ordnung, aber erinnert mehr an Kinderliedermacher als an 'Gheddo-Chef-Rapper'.
Ansonsten hält "Freezy" allerdings, was es verspricht. Die Tracklist weckt bereits Nostalgie-Gefühle, liest sie sich doch ähnlich wie das zehn Jahre alte "Hartz IV", an dem sich Eko laut eigener Aussage mit "Freezy" orientiert hat.
Doch vom Hunger des jungen Eko Fresh ist nicht mehr allzu viel übrig. Ekrem Bora hat sich inzwischen im Mainstream etabliert, legt sich mit rechten Politikern an, setzt sich, wenn es ihm gestattet wird, in Talkshows und findet auch einmal im Focus statt. "Ich bin nun mal Mainstream", kommentiert er auf Noisey.
Der Mittdreißiger ist anscheinend still und leise erwachsen geworden. Das merkt man auch, so wirkt die Platte gut konstruiert und durchdacht, jedoch fehlen ein paar eindrucksvolle Momente, etwas Neues. Etwas, das im Gedächtnis bleibt. Aber vielleicht habe ich auch nur vergebens auf ein aktuelles Pendant zu "Türkenpimmel" gewartet.
Man könnte über die mangelnde Themenvielfalt maulen: Experimentierfreudig zeigt sich Ek auf der Platte bis auf ein paar halbgare Trap-Flows leider gar nicht. Doch das muss er auch nicht. Der frische Eko weiß, was er kann, und weiß auch, wie er es zu einzusetzen hat.
So bleibt das alte Erfolgsrezept: Eko redet über Eko, über Hip Hop, Frauen und Gheddo. Innerhalb dieser Themen jedoch bietet der Herr doch die gesamte Bandbreite an Flows, Delivery und Styles. Statt dem Zuhörer Ausflüge in für ihn untypische Gefilde zuzumuten, setzt er genau auf das Pferd, das er reiten kann. Vieles gelingt ihm spielend leicht, anderes wirkt leider eher ausgelutscht. Allerdings hat er sich in seinen 15 Geschäftsjahren so viele Arten zu rappen angeeignet, dass ihn seine Stärken das gesamte Album hindurch tragen.
8 Kommentare mit 11 Antworten
Eko die Eule ist einer der langweiligsten Rapper und seine Musik ist mindestens genauso lahm. Sollte genau wie der Herr Deluxe in Rente gehn, wirklich was zu sagen hat keiner der beiden mehr.
^this
Ich warte immernoch auf ein Taktloss Review
Na, wenigstens denkste das gleiche über Bushido
Hab's dann nebenbei doch mal durchgehört. Musikalisch überwiegend langweilig, gerade auch im Vergleich zur Konkurrenz aus Frankfurt, Bonn oder Hamburg. Raptechnisch und lyrisch wieder das Übliche, also eigentlich auch langweilig, nur halt etwas fokussierter, als es die elendige Promophase und der Vorgänger vermuten lasssen würden. Eko und ich sind aber echt fertig miteinander, mir gibt das überhaupt nichts mehr. Wären zwischen 2011 und 2013 nicht drei für den damaligen Zeitpunkt überraschend stabile Eko-Alben erschienen, würde mich das hier vielleicht nicht so sehr anöden. So sind das nur gut gemeinte 2/5.
Habe mir Freezy mehrfach angehört, ich muss sagen Eksodus ist und bleibt sein Meilenstein. Mit diesem Album hat er sich nach dem German Nightmare selber den Ast abgesägt. Eko geht jetzt hoffentlich in Raprente.
Der wird in absehbarer Zeit garantiert nicht aufhören, da auch er in dieser immer noch anhaltenden (kommerziellen) Blütephase des Genres durchaus solide verkauft (wohl so Fler-Niveau) und - wichtiger - regelmäßige Releases die Grundlage für seine Teilnahme an gefeierten Formaten wie "Der V.I.P. Hundeprofi" und "Der Promi-Trödeltrupp" oder seine Auftritte als Schmierenkomödiant bei ZDFneo bilden.
Man munkelt, Eko habe den Livestream von Animus verfolgt und sich reflexartig geduckt, als Flizzy die Flasche auf den bärigen Iraner warf.
Nana wir hier im elitären Kreis sind doch besser als RU, no bite plz
Stabile Aktion übrigens von Flizzy. Klar, er hätte auch runterkommen können, wie er es immer angesagt hat, denn die 10 süddeutsche Höllenengel haben wahrscheinlich um die Ecke in den Auto gewartet, aber er hat mit dem Türöffnen und dem Flaschenwurf schon so ziemlich das Maximum rausgeholt, ohne sich blicken zu lassen. Herrlich, wie überfordert Animus auf einmal wirkte.
Findig wie immer @Garret
Das wird dann wohl mein erster und letzter bite geblieben sein.
PS: den mit PA fand ich auch gut
Ich dürfte so ziemlich sein, der "Deutscher Traum" ERNSTHAFT gut fand. Shame on me!
Dieser Kommentar wurde vor 8 Jahren durch den Autor entfernt.
Die Karriere des Ekrem Bora alias Eko Fresh lässt sich am Besten mit einer kunterbunten Achterbahn vergleichen, zum Beispiel einer Neuartigen im sensationswilligen Heidepark mit den kuriosesten Irrungen und Wendungen, Höhen und Tiefen im Rausch der schnelllebigen Zeit. Als König von Deutschand gestartet, zwischenzeitlich begraben, im Gheddo wiedergeboren und danach zum Badeschlappen-Solariumputzer degradiert, meldete sich der bekennende 2Pac-Jünger nach beendeter Knechtschaft im Bushido-Selbstdarstellungs-Camp "ersguterjunge" 2009 mit einigen frischen und hungrigen Stücken zurück. Darunter befanden sich auch der treffende Diss gegen US-Rapper Joe Budden und die Neuauflage des Klassikers "Bitte Spitte" mit einem damals noch relevanten Farid Bang.
Das darauffolgende Album "Was kostet die Welt" kostete den Hörern mit irritierenden Songkonzepten, die so gar nicht zum neuen-alten Stil passen wollten, jedoch einiges an Nerven, so dass sich Herr Bora das gesamte Jahr 2011 auf Selbstfindungskurs befand. Cornrows, ein vielgeklickter Ehrenmord-Gesellschafts-Track und die erneute Rückkehr zum Oldschool-Sound inklusive.
2012 mündete dies ins ideal betitelte "Ek to the Roots" mit vielen Querverweisen und fand seinen vorläufigen Höhepunkt ein Jahr später im nahezu perfekt ausgeführten "Eksodus". Die zwischenzeitliche Versöhnung mit dem ebenfalls zu den Wurzeln zurückgekehrten Sonny Black und mehrere beeindruckende "Bars-Tracks", auf denen Eko for free hunderte Verse zu nostalgischen Klängen veröffentlichte, in denen er detailiert seine bisherige Karriere Revue passieren ließ, taten ihr übriges um die Hörerschaft wieder für sich zu gewinnen. Als er dann auch noch 2014 im Albumformat "1000 Bars" auf die Welt losließ und mit nahezu endloser Vielseitigkeit Fachwelt wie Durchschnittshörer begeisterte, war die Erwartung an den "Deutschen Traum", das eigentliche Album, groß.
Nachdem es jedoch ein eher böses Erwachen gab, musste Eko, der auch in den Unterhaltungsmedien gern gesehener Gast ist und zu jedem kleinsten Ereignis meist halbgare Songs liefert, wieder bei Null anfangen. Es wurde etwas ruhiger um ihn 2015, welches zunehmend im Schatten von Twitter-Streitigkeiten und den immer mächtigeren Internetmedien mit Interview-Marathons und der Suche nach dem Top-Comment stand. Seine 5-Tracks starke, ohne große Ankündigung releaste EP "Bars über Nacht" konnte aber durch den strikten Einsatz von Punchlinegewittern zu Kopfnicker-Beats die schäumenden Wogen weitesgehendst glätten. Nun folgt dieses Jahr "Freezy", im Vorfeld durch einen reflektierenden "Bars"-Track ansprechend in Szene gesetzt und möchte endlich für die nötige Konstanz im Schaffen besagten Freezys sorgen.
18 Tracks sollen einen nun davon überzeugen, dass Eko noch lange nicht am Ende ist, nicht satt oder demotiviert, sondern hungrig und Fresh, wie der Name schon sagt. Das stabil geflowte "Intro" stimmt den Hörer auf das Folgende schon einmal gut ein.
Sich an die Westcoast anlehnende Stücke wie "Gheddo Chef" oder das etwas sehr relaxte "Inshallah" die den Anfang machen spiegeln jedoch nicht die musikalische Marschroute des abwechslungsreichen Albums wieder. Da gibt es harte Punchlinetöne auf das "Blatt Papier", zu dem der melodisch Boom-Bappende "Hip Hop Kanake" seine Lifestyle vorstellt ("Willkommen in meiner Welt"). Der Geist der 90er ist im Soundbild jederzeit zu spüren, wenn Bora Kritik an der überladenen Szene übt ("Da bin ich raus"), seine Sichtweise zu aktuellen Geschehen darstellt ("Ein Tag im Leben des Peter Hartz") oder schlichten Representer-Einlagen fröhnt ("Puff Daddy"). Letzteres Stück verwendet übrigends den Beat von Gang Starr's "JFK 2 LAX" in leicht abgewandelter Form.
Ausflüge in launige, aber etwas unspektakuläre Club-Sphären ("Mund auf, ich komme") nimmt man dem darauf herrlich arrogant agierenden Eko wenig übel, die etwas aufgesetzten und unvermeintlichen Liebes- und Trennungsschmonzetten - musikalisch wenigstens ohne jede Spur von Theatralik - hingegen sollten langsam mal eingemottet werden.
Im zweiten Band des "Rap Lexikons" verhaspelt sich Ekrem etwas im Vortrag und sorgt zu penetranter Untermalung für das genaue Gegenstück zum prägenden Erstling, der 2012 die Richtung vorgab. Etwas gut gemachten, düsteren Trap gibts noch in Form von "Mach keine Politik" obendrauf, den unlustigen "Skit" und Selbstbeweihräucherung im Aufzähl-Stil namens "Danke Ek!" hätte er sich allerdings schenken können.
"Wo bist du" sucht dagegen ständig seinen Stil und bietet sowohl gelungene Parts als auch eine belanglose Hook und driftet so in den Filler-Bereich ab. Das "Outro" will zu einem erneuten Durchgang verführen, doch der Hörer ist erstmal gesättigt und hat genug fürs Erste.
Eko Fresh gelingt es an manchen Stellen sowohl vom Sound als auch vom Vortrag her tatsächlich an selige Eksodus-Zeiten anzuknüpfen, das Album ist vielschichtig und der Rapper gibt sich gewohnt souverän. Er bringt so ziemlich alle Aspekte seiner raptechnischen Bandbreite unter.
Dennoch gelingt nicht der ganz große Wurf wie noch vor 3 Jahren, aufgrund manch beliebiger Songauswahl und sich wiederholenden Thematiken. Vom unpassenden Brachialhumor bleibt der Hörer genauso wie von fragwürdigen Stimmungstötern als Features aber verschont. Auf lange Sicht wird das Album jedoch nicht im kollektiven Hörergedächtnis bleiben, sich aber als solider und unterhaltsamer Eintrag in Ekos reichhaltige Diskografie einreihen.
3/5
Gut gebrüllt, Löwe!
Eko war nie besser als auf "Komm Her". Unglaubliche Reimketten.