laut.de-Kritik

Prince und der Bettelknabe.

Review von

Drogendealer und Dieb in jungen Jahren, in den Neunzigern eine Geschäftsbeziehung mit Princes Manager, dann ein millionenschwerer Plattenvertrag, drei Wochen Koma um die Jahrtausendwende nach einem beinahe tödlichen Unfall, im Anschluss die Eröffnung eines illegalen Nachtclubs, später Marihuana-Bauer, weil die Geburt seines Sohnes ein ruhigeres Leben erfordert, die Wiederentdeckung der Musik, eine neue Karriere als Fantastic Negrito, Grammy-Gewinn 2017 – der Kurzabriss von Xavier Amin Dphrepaulezz' bisherigem Leben. Ehrlich, ich kann kaum erwarten, bis endlich das Biopic ins Kino kommt. Der zugehörige Soundtrack wird grandios!

Sowohl stimmlich als auch instrumental ist "Please Don't Be Dead", der Nachfolger zum Grammy-prämierten "The Last Days Of Oakland", ein Musikgenerationen übergreifendes Spektakel. Fantastic Negrito könnte sowohl mit den Rolling Stones und Buddy Guy als auch Beyoncé touren. Obwohl stark in althergebrachten Blues(rock) verankert, unterfüttert er seine meist sehr tanzbaren Stücke mit Einflüssen aus anderen Genres. In "A Boy Named Andrew" und "Transgender Biscuits" erklingen Elemente modernen R'n'Bs wieder, in Letzterem elektronische Tricktechnik und ein jazziges Barpiano.

"Bad Guy Necessity" klingt stark nach Asaf Avidan zu Mojo-Zeiten, weist aber auch Bezüge zur Hip Hop Culture auf. "The Suit That Won’t Come Off" klingt dagegen wie ein Spagat zwischen Solo-Avidan (souligem Frauenchor sei Dank) und Blockbuster-Pop. "Bullshit Anthem" kommt als lupenreiner Funk daher (inklusive Wah-Gitarre). Dazwischen schleichen sich Blues-Soli à la B.B. King. "A Cold November Street" führt direkt zum "House Of The Rising Sun", "Plastic Hamburgers" vereint Led Zeppelin mit Lenny Kravitz.

Fantastic Negritos Stimme tönt ungemein variabel, weist sowohl Parallelen zu John Lee Hooker als auch Tom Waits und in der Ballade "Dark Windows" sogar zu Bryan Adams und Chris Cornell auf. Doch nie verkommt sein Gesang zu einer Kopie der Genannten. Eher schrammt er kurz an deren Stil, saugt ein paar Elemente auf und verarbeitet sie dann zu einem eigenen Charakter. Genauso verhält es sch mit der Musik: Sie ist im besten Sinne zeitlos. Fantastic Negrito ist Musterschüler der Oldschool, allerorten hört man Reminiszenzen an Ikonen – doch das nie so dominant, dass das Pendel von ehrlicher Bewunderung hin zu Nostalgie ausschlägt.

Die Lyrics des amerikanischen Musikers somalischer Abstammung sind gritty, schmerzhaft, speisen sich aus den Erfahrungen seines ereignisreichen 49-jährigen Lebens und appellieren mit seinem Titel "Please Don't Be Dead" an künftige Generationen. Er zeichnet ein weitgehend düsteres Bild der Realität, inklusive automatischer Waffen in den falschen Händen, Sucht, Diskriminierung. Als zwischenzeitliche Lichtblicke scheinen das versöhnliche "A Letter To Fear" und "Never Give Up", bevor Negrito zum Abschluss in "Bullshit Anthem" – mit fast penetrant simpler Wortwahl – dazu aufruft, all die Scheiße, die auf ihm lastet, endlich in etwas Gutes zu verwandeln.

Aus Hörer-Perspektive kann man ohnehin nicht anders, denn egal wie duster die Aussichten, Fantastic Negrito macht Hits daraus. Und das mit ähnlichem Gespür für Hooks und elegantes Songwriting wie es sein großes Vorbild hatte: Prince – man höre nur einmal "The Duffler". Zwar fehlt Fantastic Negrito der Glamourfaktor des Purple One, doch etwas Dreck in Musik hat noch (fast) nie geschadet.

Trackliste

  1. 1. Plastic Hamburgers
  2. 2. Bad Guy Necessity
  3. 3. A Letter To Fear
  4. 4. A Boy Named Andrew
  5. 5. Transgender Biscuits
  6. 6. The Suit That Won't Come Off
  7. 7. A Cold November Street
  8. 8. The Duffler
  9. 9. Dark Windows
  10. 10. Never Give Up
  11. 11. Bullshit Anthem

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