laut.de-Kritik
30 Peitschenhiebe aufs Trommelfell.
Review von Eberhard DoblerEin sattes Riff stoppt superschnelle Hi-Hats und Gitarrenlicks. Dann eine kurze Drum-Attacke, die kontinuierlich an Geschwindigkeit verliert. Jetzt dasselbe Spiel von vorn. Ein Hawaii-Slide stimmt auf das nächste Riffgewitter ein, diesmal unterbrochen von typischen Cartoon-Sounds. Kurz darauf rollt ein jazzverwandter Basspart an, in den sich Violinen und Harmonikas einschleichen. Bandchef Mike Patton füllt die verbleibenden Lücken mit elektronischen Geräuschen auf und gibt sich der tonalen bis atonalen Lautmalerei hin.
Der Track "National Peanut Butter And Jelly Day" mag beispielhaft für das neue Fantômas-Album herhalten, das offiziell zu '30 Miniature Holidays' einlädt. Die von einer Sprach-Software eröffnete Platte dürften die meisten aber eher als 30 Peitschenhiebe aufs Trommelfell empfinden.
Ferien in der Hölle also. Mit gewohnter Ironie serviert das Allstar-Quartett den als lauten Bruder von "Delìrium Còrdia" angekündigten Viertling "Suspended Animation". Und erkundet mal wieder, wie weit aufgeschlossene und perfektionistische Rockmusiker gehen können.
Grundsätzliche Band-Prinzipien bleiben auch diesmal erhalten: Jeder ansatzweise coole Groove wird im Keim erstickt. Dazu wechseln die Tempi fast taktweise und unterstützen eine extreme Bandbreite an Dynamik.
Eigentlich unglaublich, was alles zusammen geht und vor allem in welcher Frequenz. Im Spannungsbogen der Gegensätze kreiert Patton einen ganz speziellen Soundkosmos, der anscheinend keine Grenzen akzeptiert.
Die beteiligten Musiker setzen das perfekt ausgeklügelte Sound-Chaos erstaunlich reibungslos und exakt um. Ein Schweizer Uhrwerk ist nichts dagegen. Drummer Dave Lombardo (Slayer), Basser Trevor Dunn (Mr. Bungle) und Buzz Osborne (Melvins), der auf "Suspended Animation" eine Palette brillanter und drückender Gitarrensounds auspackt (NuMetal-Zitate und heftige Alternativeriffs inbegriffen), synchronisieren sich perfekt mit dem Bandchef. Fehler kennt diese Platte nicht.
"Richter Scale Day" heißt ein Track. Und Fantômas schöpfen die einzelnen Stufen möglicher Erschütterung mit auffallend viel Energie aus. Die 30 Songs zwischen einer halben und knapp über drei Minuten Länge stehen jeweils für einen Tag des laufenden Monats April.
Ferien ist dafür wahrscheinlich das falsche Wort. Aber "Suspended Animation" nimmt den Hörer auf einen der abgedrehtesten musikalischen Trips mit, die es käuflich zu erwerben gibt.
5 Kommentare
Einfach nur extrem geil!
muss wohl.
gibt´s schon?
genau das denke ich mir auch grad.
hab ich als IRC whore versagt?
promo is geleaked