laut.de-Kritik
Die Krautrock-Legende im Remix.
Review von Daniel StraubZu Beginn der Siebziger blickten einige englische Musikjournalisten voller Erstaunen nach West-Deutschland. Dort war im Schatten des Eisernen Vorhangs und aus dem Dunstkreis der gesellschaftlichen Umwälzungen jener Tage etwas ganz Besonderes entstanden. So einmalig, dass die dröhnenden Geräuschorgien von den Engländern sogleich nach ihrem Herkunftsland benannt wurden: Rock aus dem Land der Krauts.
Eine jener Formationen, die mit ihrem experimentellen Krach damals die Welt verstörten ist Faust, die sich Mitte der Siebziger nach ein paar wegweisenden Alben auflösten, um zu Beginn der Neunziger wieder auf der Bildfläche zu erscheinen. Auf "Freispiel" zollen Faust nun der Ästhetik des vergangenen Jahrzehnts Tribut: 13 Künstler ließen ihren Lieblingstrack des letzten Faust-Albums "Ravvivando" noch einmal durchs Mischpult laufen, fügten einiges hinzu, nahmen manches weg oder erfanden das Stück gleich ganz neu, wie im Fall der augapfelköpfigen The Residents.
So radikal wie die kalifornischen Konzeptkünstler sind aber nicht alle Remixer vorgegangen. Bei vielen schimmert das Original mal als direkte Assoziation, mal als ferner Fixstern durch. Am beeindruckensten sicherlich bei Mathias Schaffhäuser, dem es scheinbar spielerisch gelingt den im Original schwer rockenden Groove von "T-Eléctronique" in ein leichtes elektronisches Äquivalent zu überführen. Aber auch Ex-Und-Jetzt-Wieder-Soft-Cell-Keyboarder Dave Ball weiß an der Seite von Ingo Vauk mit ungewohnt gitarrigen Sounds zu überzeugen.
Wer dumpf dröhnende Feedbacks für einen genauso wichtigen Bestandteil moderner Musik erachtet, wie den C-Dur-Akkord, der kann mit "Freispiel" eigentlich nicht viel falsch machen. Wem allerdings schon gebrochene Beats zu experimentell sind, der sei somit gewarnt.
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