laut.de-Kritik

Mit Beat und Bass verwandelt er Liebe in Hass.

Review von

Eines beherrschte Ferris schon immer erstklassig: Geister scheiden. Mit dem Flammenwerfer aus Beat und Bass verwandelt er Liebe in Hass. Die einen wenden sich mit Grausen ab, doch die anderen, die einmal drauf gekommen sind, brauchen es immer wieder. Ja, ja! Die Kollegen Gässlein, Engelen und der ehrwürdige Herr Johannesberg sollen getrost wieder eimerweise Hohn und Spott über mich ausgießen: Ich werde weiterhin mit Tränen in den Augen vor ihm knien. Schließlich stellte Ferris MC lange Zeit die einzige Figur im deutschen Hip Hop, der ich die Underdog-Attitüde wirklich abgekauft habe.

Jetzt nimmt der Punkrocker unter den MCs seinen Hut - aber nicht ohne vorher sein Abschiedsgeschenk auf den Tresen zu rotzen: Fans erwartet ein Best-of-Paket der fettesten Sorte, in der Luxusausgabe aufgemotzt mit sämtlichen Videos auf einer DVD-Beilage. Ihr Ferris-Hasser da draußen: Finger weg, Maul halten und heimgehen, bitte. Wir haben hier einen Ausstand zu feiern.

Klar, dass nicht nur die ollen Kamellen ausgepackt werden. Mit "Düstere Legende" eröffnet Ferris seine Dernière mit einer brandneuen Single, die mich ruckzuck wehmütig stimmt. "Ich leg die Krone nieder, der Kaiser von Deutschland / Meine Zeit ist gekommen, zu gehen / Es wird nie mehr so sein, wie es einmal war." Das soll's wirklich und wahrhaftig gewesen sein? Keine Rockgitarrenriffs mehr? Kein "Eins, zwei, drei, RRRUMMS!" mit billigsten Mitteln (dafür aber mördereffektvoll) auf die Zwölf? Ich möchte das noch nicht glauben.

Ferris mag vielleicht nicht besser als die Besten sein - härter als die Harten besorgt er es einem allemal, und wer's direkt und dreckig braucht, ist zwischen all den düsteren Legenden bestens aufgehoben. Da werden die "Reimemonster" wieder losgelassen - einer der wenigen Tracks, in denen Afrob meinen vollsten Respekt hat. Hölle! Was war das für ein Burner! "Sowas habt ihr nie gesehen / Sowas machen Hip Hopper!" Der Reanimationsversuch ging allerdings 2001 schon schief - auf den Reimemonster-Return hätte ich gut verzichten können. Lautstärke allein hilft halt nicht, wenn Ideen und Charme fehlen.

Ansonsten seht ihr mich mit der Auswahl vollends einverstanden. "Flash For Ferris MC" gehört dazu, da kann das Billy Idol-Sample noch so gruselig sein. Die an sich eher doofe Hasstirade auf die "Popstarz" trimmen Moonbootica auf eine gerade Linie, deren Synthiebeat problemlos Tanzflächen zum Wabern und Elektrofreunde zum Weinen bringt. Es hilft euch keiner - Feieralarm!

Wer das Brot härter mag, möge sich von Such A Surge und DJ Stylewarz Fresse und Trommelfell einschlagen lassen. Gemeinsam mit den Spezializtz wird dem Chaos des Crossover gehuldigt. Klar, dass Ferris' langjähriger Bühnenpartner Stylewarz für Cuts und Scratches verantwortlich zeichnet ("Chaos", "Hast Du Probleme?", "Was Wollt Ihr Mehr").

Von den "sexy gesungenen Versionen" ("Traumfrau") sollte Ferris möglicherweise besser absehen - ansonsten schätze ich ihn als Partyrocker, aber nicht zuletzt auch als Erzähler abgefahrener wie berührender Geschichten. Meinem lästerlichen Vergnügen über den drastischen Einsatz eines Vorschlaghammers ("Baby, Mach Ma Die Augen Zu") habe ich ja an anderer Stelle bereits Ausdruck verliehen.

Wenn Ferris in seiner Audiobiografie wühlt, untermalt von dramatischen Streicherpassagen eine trostlose Jugend skizziert ("Spieglein, Spieglein") oder im von Thomilla produzierten Nachruf "Zur Erinnerung" das Andenken an den einstigen besten Freund wach hält, dann ist das in einer Weise scheißtragisch und glaubwürdig, die im Deutschrap ihresgleichen sucht - auch wenn an Ferris sicher nicht der trickreichste Reimer verloren gegangen ist.

Und jetzt?
Ferris macht blau, diesmal wohl für längere Zeit. For ever? For ever ever? Was soll man machen? "Eines Tages ist alles vorbei / Doch bis dahin werd' ich unsterblich sein." Liebt ihn oder hasst ihn. Namenlos sterben wird Ferris MC nicht mehr.

Trackliste

  1. 1. Der Anfang Vom Ende
  2. 2. Düstere Legende
  3. 3. Unsterblich '04
  4. 4. Flash For Ferris MC
  5. 5. Reimemonster (Afrob feat. Ferris MC)
  6. 6. Zur Erinnerung
  7. 7. Popstarz (Moonbootica Remix)
  8. 8. Ferris Macht Blau
  9. 9. Return Of Reimemonster (Rockmonster Remix, feat. Afrob)
  10. 10. Feieralarm
  11. 11. Spieglein, Spieglein (Beatsucht Remix)
  12. 12. Gott und Teufel
  13. 13. Im Zeichen Des Freaks
  14. 14. Chaos (Tobitob Remix)
  15. 15. Traumfrau
  16. 16. Baby, Mach Ma Die Augen Zu
  17. 17. Tanz Mit Mir
  18. 18. Hast Du Probleme?
  19. 19. Was Wollt Ihr Mehr (Warped)

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