laut.de-Kritik

Hey Man Nice Try.

Review von

Als der amerikanische Politiker Budd Dwyer seine Verstrickung in einen Finanzskandal läuterte, indem er sich die Rübe vom Kopf blies, stand er unfreiwillig Pate für Filters ersten Hit "Hey Man Nice Shot". Konsequenterweise eröffnet dieser Song auch den Reigen einer ansonsten dürftig ausgestatteten Best Of. Vom Tourfieber gepackt (zur Zeit in hiesigen Breitengraden mit Papa Roach unterwegs), schieben die Amis um Vordenker Richard Patrick noch schnell eine CD als Rechtfertigung für die Reise vor.

Vier reguläre Albumveröffentlichungen und diverse Compilation-Beiträge bieten einen recht überschaubaren Fundus an Songs. Die meisten Stücke stammen vom 1999er Überflieger "Title Of Record".
Versteckte Schätze oder gar der Heilige Gral of Industrial Rock finden sich nicht auf der einstündigen Sammlung.

War schon die letzte Veröffentlichung "Anthems For The Damned" vielen zu patriotisch, zu poppig, zu glatt produziert und eindimensional, landet mit "Soldiers Of Misfortune" folglich zurecht nur ein Vertreter auf der Platte. Der plätschert zwar gefällig durch die Gehörgänge, sorgt aber bei Eintreffen in den Assoziationsarealen der Großhirnrinde für Verwunderung.

Passend eingebettet zwischen die Hits "Take A Picture" und "Where Do We Go From Here", bietet der Track den musikwissenschaftlichen Beweis für die Reproduzierbarkeit selbst gesetzter Rockstandards. Betonung auf Rock, denn der vielkolportierte Industrial-Stempel passt zu kaum einem Track. Ein bisschen Techno, auf ein minimales Frequenzband sterilisierte Gitarren und kaputter Gesang machen noch lange kein Genre.

Einzig die Kollabo mit The Crystal Method klingt dem Titel "Can't You Trip Like I Do" entsprechend abgefahren. Hier funktioniert das Wechselspiel mit unterschiedlichen Tempi, Trip Hop-Beats und wabernden Sounds. Nicht dass wir uns hier falsch verstehen: Richard Patrick ist in seiner Funktion als Musiker und Produzent ein wichtiger Bestandteil der hartrockenden bis Elektrosound-affinen Szene (gewesen).

Die subtilen Soundspielereien in Verbindung mit poppigen Songstrukturen haben auch Jahre nach der Ersterscheinung nichts von ihrem Charme eingebüßt. Die "Take A Picture"-Akustikgitarren zu Beginn, der stampfende Beat der Drums mit dezenten Percussions im Hintergrund, eine eingängige wie einfache Harmonik, die dem Gesang viel Spielraum lässt - hier muss man Herrn Patrick einfach ein gutes Händchen für Songwriting attestieren.

Nur: Wer gibt für eine solche Best Of Geld aus? Keine Lyrics, nur eine recht informative, aber Wikipedia-Verhältnisse nicht überbietende Biografie. Zudem existieren viele Songs auf dieser Compilation nur in Form kastrierter Edit-Versionen. Kurz gefasst: "Hey Man Nice Try".

Trackliste

  1. 1. Hey Man Nice Shot
  2. 2. Welcome To The Fold
  3. 3. Jurrassitol
  4. 4. (Can't You Trip) Like I Do
  5. 5. Take A Picture
  6. 6. Soldiers Of Misfortune
  7. 7. Where Do We Go From Here
  8. 8. Dose
  9. 9. I'm Not The Only One
  10. 10. Skinny
  11. 11. One
  12. 12. The Best Things
  13. 13. The Only Way (Is The Wrong Way)
  14. 14. Thanks Bro

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