laut.de-Kritik

Ein Näschen fürs Geschäft kann man dem Berliner nicht absprechen.

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An Fler kommt der Deutschrap-Interessierte derzeit nicht so leicht vorbei. Diese Tatsache ist aber nicht nur dem breiten Kreuz geschuldet, das der Südberliner bei jeder sich bietenden Gelegenheit lobpreist, sondern vor allem seinem konsequent hohen Output. Noch bevor "Weil Die Straße Nicht Vergisst" vergangenen Freitag erschien, kündigte Flizzy via Facebook gleich noch ein Best Of-Album mit unveröffentlichten Tracks für Dezember an. Ein Näschen fürs Geschäft kann man Patrick Losensky jedenfalls nicht absprechen.

Mal abgesehen vom Kreis seiner Anhänger erfreuen sich jedoch vor allem Flers Interviews und Videoansagen, gerne auch in leicht bearbeiteter Form, großer Beliebtheit: "Jede Uni scheißt ab gegen ein Fler-Interview" stellte Kollege 3Plusss unlängst in einem Track fest. Der selbst verkündet auf "Rap Wieder Hart" voller Stolz: "Meine Interviews mehr Klicks als deine Singlehits." Andauernder Twitter-Beef, gelungene Remixe und die Veröffentlichung zahlreicher Singles im Voraus tun ihr Übriges. Merke: Vor Frank White gibt es kein Entkommen.

Kritikern seiner allseits bekannten Schwächen nimmt er im Intro sogleich den Wind aus den Segeln: "Du kannst krass rhymen, du hast Punchlines / Doch keine Seele, wenn ich komm', ziehst du den Schwanz ein." Dass in Fler kein wortgewandter, gewitzter Poet steckt, sollte inzwischen allseits bekannt sein. Selbstironie oder gar kritisches Hinterfragen der eigenen Person liegen ihm so fern wie Röhrenjeans und Carhartt-Beanies. Denn "Schon Von Klein Auf" wollte Patrick ein Gangster sein, nicht einer dieser scheiß Streber-Studenten. Viel mehr als "Ich trink' Schampus und schieße auf dein' Campus" fällt ihm dazu inzwischen aber nicht mehr ein.

Ansonsten bekommen wenig überraschend Banger-Obernase Farid, Kollegah, Sido und die ehemaligen Weggefährten Animus und Silla ihr Fett weg. An erster Stelle steht nun Schützling Jalil und darf hier gleich zweimal ran: "Gangster JA und Frank zum White" bringen mit "Zur Selben Zeit" und dem finalen "Pablo Escobar" immerhin ein bisschen Abwechslung in die ganze Angelegenheit, so richtig Lust auf "Das Leben Hat Kein Air System", das Anfang Oktober erscheint, bekommt man angesichts Jalils Parts trotzdem nicht.

Kurdo und PA Sports machen ihre Sache da schon besser, auch wenn Letzterer nicht an die gerappten Wutausbrüche als "Eiskalter Engel" herankommt. Schade jedenfalls, dass er in der Hook lediglich das Mantra "Denn wir leben in der Hurensohn-Gesellschaft" herunterbeten darf, das die 'Ich gegen den Rest'-Einstellung beider Protagonisten immerhin perfekt auf den Punkt bringt. Fler lässt sich hier gar zu einem kleinen Witz hinreißen: "Bevor ich aufgebe und das Handtuch werfe, macht Kool Savas Shampoo-Werbung."

Während er sich konsequent auf seinem CCN-Ruhm ausruht, der angesichts der Konkurrenz aus Hamburg, Bonn und dem Frankfurter Raum reichlich angestaubt wirkt, versucht sich Fler immerhin zweimal an so etwas wie Flow-Variation: Sowohl "CCN Kinder" als auch "Pallas" zeigen aber, dass abgehacktes Wortspucken nicht unbedingt zu den Meisterdisziplinen eines Frank White gehört. Letztgenannter Track verstört den Hörer zusätzlich mit einer grausamen Autotune-Hook, die so gar nicht zu dem thematisierten Sozialpalast in Berlin-Schöneberg passen will.

"So Wie Frank" zu sein, heißt eben, auf die Erwartungen und Meinungen der anderen mit bewundernswerter Konsequenz einen Fick zu geben. In Sachen Eingängigkeit und, nennen wir es mal vorsichtig 'Hit-Potential', kommt besagter Track noch am ehesten an "Stabiler Deutscher" und Konsorten heran. Als gleichermaßen eingängig, in Sachen Monotonie aber kaum zu übertreffen, präsentiert sich dagegen "Ich Häng Auf Den Straßen", weil diese Phrase tatsächlich als jede zweite Zeile fungiert. Drumherum spinnt Fler, ganz lyrischer Feingeist, ein Kreuzschema, bei dem er es unter anderem fertig bringt, "G" auf "Genie" zu reimen.

Aber sei es drum, denn wie das Maskulin-Oberhaupt auf "Basstuning/Bordsteinfressen" herausposaunt, haben ihn Statussymbole schon immer mehr interessiert als Rap: "Ich wollte Cash, Fame und Nutten, ihr wolltet Community / Ihr wolltet Backpack, ich wollte Lui V." Passend dazu liefert er nun den zweiten Teil von "Mit Dem BMW". Nicht nur, dass Fler fünf Jahre zuvor deutlich motivierter klang, auch Shindy als Nachfolger seines Label-Bosses zeigte sich textlich schon wesentlich kreativer. Als gute Wahl stellt sich Hauptproduzent Iad Aslan heraus, der die Trap-Elemente merklich zurückfährt und stattdessen den CCN-Sound auf ein zeitgemäßes Level hievt.

Wer bei den Klavierklängen des Titeltracks einen Seelenstriptease erwartet, ist bei Frank White aber an der falschen Adresse. Über eine Laufzeit von gut fünfzig Minuten, nur unterbrochen von ein paar Filmskits und besagten Features, gibt er den unbesiegbaren, knüppelharten, gefühllosen, in alle Richtung pöbelnden, sich selbst ständig rezitierenden Berliner Jungen von der Straße, der seine Wurzeln nie aus den Augen verliert und für den Selbstzweifel ein Fremdwort ist. In seiner Konsequenz hat das durchaus Respekt verdient. Es stellt sich nur die Frage, wie lange Fler aka Frank White seinen Fans den immer gleichen Fraß vorsetzen kann, bis sich die Meute gegen ihren eigenen Anführer erhebt.

Trackliste

  1. 1. Intro/Ich Mach Realtalk
  2. 2. Schon Von Klein Auf
  3. 3. Rap Wieder Hart
  4. 4. Ich Häng Auf Den Straßen
  5. 5. Zur Selben Zeit
  6. 6. So Wie Frank
  7. 7. Strassenstaub
  8. 8. CCN Kinder
  9. 9. HRSN Gesellschaft
  10. 10. Weil Die Straße Nicht Vergisst
  11. 11. Basstuning/Bordsteinfressen
  12. 12. Alles Was Ich Kenne
  13. 13. Bild Im Zement
  14. 14. Mit Dem BMW
  15. 15. Pallas
  16. 16. Pablo Escobar

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