laut.de-Kritik
Balladen und Pop zwischen Zucker und Zauber.
Review von Yan VogelEin Hauch von Transzendenz umweht die Stimme von Freya Ridings, die behutsam auf einem Meer von Tönen segelt. Die Hände bezirzen das Piano, das seinen emotionalen und tonalen Ambitus voll ausreizt, während sich die Füße im überproportionalen Einsatz des Fortepedals üben. Blaupause und Duftmarke für ihren Sound stellt die Ballade "Lost Without You" dar. Im Zuge eines Serien-Einsatzes erlangte der Song größere Bekanntheit und fand sich in den Top Ten der britischen Charts wieder.
Diesem Hit folgen selbstredend einige weitere auf ihrem selbstbetitelten Erstling, darunter "Still Have You", "Blackout" oder "Wishbone", die in ihrer ähnlichen Ausgestaltung durchaus auch eigene Nuancen offenbaren. Balladen sind ein möglicher Türöffner, das wissen auch die großen Künstlerinnen wie Tori Amos und Kate Bush. Doch wie lässt sich noch Gehör verschaffen?
Das Debüt setzt nun stärker auf den Wechsel zwischen Zucker und Zauber, Licht und Schatten. Da die impressionistischen Klanghüllen, dort das expressionistische Sound-Korsett. "Poison", "Castles" oder "Love Is Fire" gehorchen modernen Konventionen und schielen nicht nur mit einem Auge auf Airplay. Vereinzelt übertreibt es die 25-Jährige mit Vokalisen und Uhuhu-Chören, die sie zu stark in die Nähe von DJ/Sängerinnen-Kollabos der Marke Alle Farben feat. Ilira oder Zedd feat. Katy Perry treiben.
Ob der stete Wechsel zwischen Ballade und Pop nun Abwechslung oder Anbiederung darstellt, mag jeder selbst entscheiden. Bemerkenswert jedoch, dass der strikte Wechsel zwischen Stilen auch Synergien birgt. Wie wenn das stete Annähern und Abstoßen doch noch zu einer Umarmung führt. Dafür steht das großartige "Ultraviolet", ein Manifest für Schönheit und Vergänglichkeit. Dieser Song schwingt sich zu cineastischer Größe auf. Hier findet Ridings ihren Platz inmitten der klassisch-elektronischen Opulenz.
Auch "Holy Water" mit seinen Gospel-Chants und seinem beschwingten Gestus klingt stimmig, ebenso der dynamische Opener "Poison", der auf seinem Weg zur musikalischen Klimax genügend Raum für Fantasie lässt. Das folkige "Unconditional" stünde auch der fantastischen Jesca Hoop gut zu Gesicht.
Im Kampf zwischen den Extremen findet die Musikerin zum Ende wieder zu sich selbst. Sie ist halt keine impulsive, vor Rhythmus strotzende Alice Merton, sondern die junge Frau am Klavier mit ausdrucksstarker Stimme und prägnantem Spiel. Diese Singer/Songwriter-Attitüde hält die fabelhafte Welt von Freya Ridings zusammen und sorgt letztlich für einen versöhnlichen Einstand.
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