laut.de-Kritik
Tanzen, schreien, wiegen, und oft alles gleichzeitig.
Review von Ben SchiwekNach einem aufsehenerregenden Vorgänger wie "3D Country" und Cameron Winters Solo-Debüt "Heavy Metal" liegen die Erwartungen an das neue Geese-Album hoch. Viele sind sich sicher: Da ist gerade eine ganz besondere Band am Zaubern, die uns die beeindruckendsten Tricks noch vorenthalten hat. Es fühlt sich an, als käme nun DAS Album, das Geese final zementieren wird: als eine der einzigartigsten Rock-Bands unserer Zeit, mit einer wilden Vision und einem immer wieder überraschenden Zugang zu rohen Emotionen.
"Getting Killed" dürfte für viele genau dieses Album sein. Hier konzentrieren sie ihren Sound nochmal neu und das Ergebnis klingt nicht nach "Lasst uns mal hier einen Country-Rock-Song oder da einen Post-Punk-Song machen und dann wird er Geese-ifiziert", sondern: Das ist Geese. Klar, immer mit Wurzeln in verschiedenen Genres, aber die eigene musikalische Persönlichkeit ist hier selbstverständlich und konstant präsent.
Wie klingt das? Ja, irgendwo rockig, irgendwo gospelig, irgendwo balladisch, irgendwo schreiend – aber es ist eher eine bestimmte Stimmung. Es ist das Erhebende im Unbehaglichen und umgekehrt. In "Husbands" etwa flirrt stets diese brodelnd ungewisse Atmosphäre, die aber nie explodiert. Dafür aber "Trinidad", jedoch nicht einmal riesig, sondern andauernd ganz kurz und abgehackt. Songs wie "Cobra" und "Half Real" wiederum klingen sanft, melodisch und wiegend, aber auch dort schwebt Unruhe mit. Es ist ein Spannungsfeld.
In so gut wie jedem Song gibt es ein Element, das nervös zittert. Seien es die dünnen Gitarren, die Bandbreite an wilder Percussion oder natürlich Cameron Winters sich überschlagende Stimme. Die einzige Ausnahme ist "Au Pays Du Cocaine": ein Song, der in seiner Friedlichkeit und Schönheit überrascht und gerade dadurch umhaut. Winter singt verzweifelt verliebte Lines wie "You can stay with me and just pretend I'm not there", während die glockigen Gitarrenmelodien ordentlich einen wegweihnachten.
Die besonderen Momente entstehen in besagtem Spannungsfeld: "100 Horses" groovt stampfend und wackelig zugleich voran – ein perfektes Bett für die Lyrics über den Spagat zwischen Gleichschaltung und individueller Befreiung. Die Machthaber befehlen dem Volk zu lächeln, in den Zirkus zu gehen, zu tanzen – denn "there is only dance music in times of war". Doch als Winter eine Gruppe von hundert frei umherrennenden Pferden sieht, realisiert er, dass er zu ebenso einem freien Wesen werden muss. Diese Transformation fühlt sich aufgrund seiner predigenden Stimme, der choralen Harmonien und der zunehmend zittrigen Untermalung riesig an.
Gegen Ende des Albums wird es besonders intensiv. "Taxes" fängt unauffällig an und schmettert uns plötzliche Euphorie ins Gesicht. "Long Island City Here I Come" ist ein einziger sechsminütiger Spannungsaufbau, der immer rasanter und unaushaltbarer wird, während Winter von den gesellschaftlichen Zwängen weg ins erlösende Paradies rennt.
Gerade diese komplexen Verwicklungen aus Emotionen meistern Geese auf "Getting Killed". Das ist zwar nicht immer zugänglich und zugegebenermaßen ziehen sich manche Passagen wie in "Islands Of Men" auch mal ein wenig. Aber mit jedem Hörgang checkt man immer mehr, was so mancher Song eigentlich von einem will. Tanzen, schreien, wiegen – und oft alles gleichzeitig.
1 Kommentar mit 6 Antworten
essentielle band, wird gecheckt
Besser oder schlechter als Swans? Und kann 100 Horses es mit Foals aufnehmen?
Und gewinnen 100 Horses gegen Megan Thee Stallion? Und was macht Bass Sultan Hengzt mit den Foals?
sie zu online-glücksspiel animieren
Ich lächle, höre Fury in the Slaughterhouse und sage nichts.
@Gleep
Swan, Geese, Foals, alles Ehrenbands des Tierreichs. Über die restlichen im Faden erwähnten breiten wir lieber den Mantel des Schweigens
I heard that Pulled Apart By Horses have punched a lion in the throat once... At least Horse (the Band) told me so.