laut.de-Kritik
Viel mehr als nur ein kurzweiliges Headbang-Abenteuer.
Review von Manuel BergerInsomnium legten bereits im Frühling den Grundstein zur diesjährigen Winter-Playlist. Etwas näher am Geschehen ziehen jetzt die Landsmänner von Ghost Brigade nach. Und wehe, es beschwert sich dieses Jahr einer, die kalte Jahreszeit wäre zu lang!
Nach einem akustischen Opener, wie ihn die Finnen beim Virgänger "Until Fear No Longer Defines Us" präsentierten, sucht man auf "IV – One With The Storm" vergeblich. Schwer groovende Riffs dominieren "Wretched Blues". Ebenfalls Fehlanzeige herrscht zunächst beim Klargesang. Die ersten sechs Minuten bewältigt Manne Ikonen grunzend.
Seine unglaublich dichte, düstere Atmosphäre schwitzt die Platte schon jetzt mit einer solchen Vehemenz aus allen Poren, dass sie einen schier überrollt. Wohin auch immer sich die schwarzen Finger Ghost Brigades recken, verschlingen die Schatten jedweden Hoffnungsschimmer.
"Departures" wirkt mit seinen cleanen Gitarren und schwebenden Keyboardflächen nur kurz offener: Sobald die Amps auf Distortion schalten, befindet man sich erneut im Griff erdrückender Verzweiflung. Dieser verschafft der Sänger nun mit beiden Stimmvarianten Luft. Über das komplette Album hinweg hält Ikonen die richtige Balance zwischen gutturaler und sanfter Möglichkeit.
Nicht nur bei den Vocalparts, auch im Instrumentalbereich scheuen Ghost Brigade keinesfalls die Abwechslung. "Aurora" und "Stones And Pillars" zum Beispiel stellen den Bass prominent hervor, während "Wretched Blues" und "Elämä On Tulta" weitestgehend Gitarrenmelodien tragen. Ein Schlagzeugpattern definiert "The Knife" wie auch "Long Way To The Graves". Ersteres erinnert dabei stark an System Of A Downs "Vicinity Of Obscenity", obwohl der Rest des Songs natürlich keinerlei Gemeinsamkeit mit dem wahnwitzigen Banane-Terrakotta-Zungenbrecher Serj Tankians aufweist.
Rammsteineskes Gruselgewaber schleicht sich durch "Electra Complex". Hinten raus häufen sich Parallelen zu Enslaved. "The Knife" dreht an der Industrialschraube, "Stones And Pillars" suhlt sich im Doom. "Langeweile" streichen Ghost Brigade trotz teils zehnminütiger Songs für eine gute Stunde aus des Hörers Wortschatz.
Wenngleich eine Vielzahl rhythmusorientierter Passagen in Richtung kurzweiliges Headbang-Abenteuer zu schielen scheinen – im Fokus steht auf "IV – One With The Storm" ganz klar die songübergreifende Gesamtstimmung. Jedes einzelne Stück – ob ruhiger, manchmal fast meditativ gehaltener Track oder fies wogender Brecher – fügt sich ein. Das Ergebnis sollte man gehört haben.
2 Kommentare
danke, laut.de, dass ihr das album gehört und rezensiert habt! ghost brigade waren und sind für mich seit der neuerfindung (oder auch popkulturellen anbiederung!?) anathemas musikalisch und die stimmung betreffend die einzige alternative zu katatonia. dank "one with the storm" bleibt dies auch so.. es ist ein atmosphärisch unglaublich dichtes metal-album und es haut mich als fan von ghost brigade um, dass die band meine hohen erwartungen nach "until fear no longer defines us" tatsächlich erfüllen kann. kann dem rezensenten in seinem fazit nur zustimmen und auch sonst finde ich den großteil der rezension sehr treffend. aber die vergleiche mit system of a down und rammstein finde ich verdammt unpassend und mehr herabstufend als der musik gerecht werdend.. wenn auch mit abstrichen verständlich, um leser auf die band aufmerksam zu machen.
hach ja, zum jahresende hält die melancholie einzug.. und ich finde zurück zum finnischen metal und alten lieben wie ghost brigade, die sich mittlerweile ausgelöst haben, passt ja zum vanitas-gedanken, der meinen geist dominiert.. lustig auch, so ne euphorische "review" von mir von damals hier vorzufinden.. aber bleibe auch heute dabei: ghost brigade sind die einzige alternative zu katatonia, die wirklich deren geist einfängt, bevor katatonia auf "the fall of hearts" höchst verbesserungswürdig in progressiven gefilden zu wandeln versuchten..
aber nun kommen hallatar.. swallow the sun haben mich zuletzt echt gelangweilt, aber dann ergab sich ein tragischer umstand für einen gitarristen und songwriter von STS, der daraufhin hallatar gebar mit "no stars upon the bridge". und dieses album trifft dich ins mark. es vertont unbändige wut und endlose trauer zugleich. die zäh dahin fließende melancholie erstickt aufflackernde momente des verzweifelten aufbäumens gegen das schicksal.. doom metal geht nicht besser: hallatar - "no stars upon the bridge"