laut.de-Kritik

Versammelt die schwarzen Schafe, dreht alle Kreuze!

Review von

"The world is on fire, a funeral fire!" In harschen Zeiten, wenn alle Werte schwanken und selbst der Weisesten Worte ungehört verklingen, ist der Moment für die Rückkehr von Papa Emeritus nicht fern. In mittlerweile dritter Fleischwerdung macht er sich samt seines Pandämoniums namenloser Ghouls als Ghost auf "Meliora" erneut auf den Weg, alle Kreuze zu drehen, alle schwarzen Schafe zu sammeln und alle Partys zu rocken. Zehn erfrischende Kantaten in Nomine Diaboli beugen das Knie vor dem ewigen Versucher und bieten großes Theater zwischen einem Hauch Metal, einer Prise Prog und viel hymnischem Melodic Dark Rock.

Die Ausgangslage der alten Okkult-Schweden ist gar nicht ohne. Lieder wie das großartige "Monstrance Clock" gingen um die Welt und schufen eine hohe Erwartungshaltung. Alles kein Problem für Lucifers Brut. Die Stücke klingen allesamt abwechslungsreich und catchy zu gleichen Teilen. Auch die aktuelle Inkarnation des singenden Anti-Papstes - dritter Emeritus, selber Sänger - macht eine hervorragende Figur. Ein Umgewöhnen ist nicht erforderlich.

Obwohl man Ghost medial gern in die Schublade "Metal-Band" steckt, wird ihnen dieses einengende Behältnis kaum gerecht. Sie fassen ihren kreativen Ansatz musikalisch wie lyrisch deutlich weiter. Ghosts Songs sind subtil und ausgeklügelt. Die splatternd-klischeehafte Verrohung in Zeile und Sound, die sich so manch typische Extrem-Metal-Kombo mühsam mit drogeninduzierter Retardierung oder einem Cocktail aus Persönlichkeitsstörungen erarbeiten muss, ist für diese Jünger des Leibhaftigen kein Thema. Viel lieber setzen sie auf schmeichelnde Melodien und eine sich ihnen unterordnende farbenprächtige Bandbreite.

Ein großer Teil des Charmes ihrer Inszenierung besteht im durchgehenden Imitat eines Gottesdienstes mit vertauschten Prämissen. Fast alle dieser satanischen Verse funktionieren dabei wie Psalmen, (un)heilige Lobpreisungen oder romantische Liebeslieder, die man genau so gut bei der Huldigung im Gotteshaus verwenden könnte. Der Name des Teufels wird nie genannt, sondern steckt im Detail. Nichteingeweihten käme dies gar wie Sakro-Rock oder White Metal vor. "He is the shining in the light / Without whom I cannot see / He's the force that made me be."

Dieser künstlerische Wolf-im-Schafspelz-Ansatz macht das Gebotene so effektiv. Radiohörer, Mainstreampublikum und sogar die kirchentreu mitträllernde Schwiegermutter können unmerklich ebenso leicht in den Bann der Lieder geraten, wie gestandene Kuttenträger. Allein für diese Pointe muss man Ghost schon lieben. Spätestens wenn zwischendurch ihre gleichzeitig todernste und dennoch fast schon zu niedlich klingende Blutorgel zur Verzierung erklingt (etwa in "Devil Church"), kann man sich ein Grinsen kaum verkneifen.

Die Stücke selbst bieten allesamt eigenen Charakter und schicke Zutaten. "Majesty" glänzt mit charismatischer Killerhook. Das Piano in "Absolution" bringt dem ohnehin gelungenen Song das rechte Quäntchen Flair. Ihr zackiges "Mummy Dust" atmet tatsächlich den Pesthauch toter Götter. Als besonderer Leckerbissen entpuppt sich das angedoomte "Cirice" mit seiner einladenden Melodie. "Can't you see that you're lost without me?"

Inmitten dieser sinistren Liturgie thront ein einziger Song über allen anderen. "He Is" kristallisiert sich als ultimativer Hit der Platte und perfekter Nachfolger für "Monstrance Clock" heraus. Ein großartiges sanftes Gitarrenarrangement plus hingetupftem Piano bildet das Fundament für eine wahrhaft betörende Gesangslinie. Die Worte singen dazu ein suggestives Gebet an das Tier mit den vielen Namen. Das Lied ist das bisher mit Abstand hypnotischste Stück ihres Katalogs. Absoluter Anspieltipp.

Leider muss man an dieser Stelle noch immer erwähnen, dass Ghost keine echten Satanisten sind, sondern lediglich eine perfekte Vorstellung zur Unterhaltung liefern. Sie funktionieren wie John Carpenters "Prince Of Darkness", "Rosemaries Baby" von Polanski oder Stephen King. Obwohl letztere niemand ernsthaft fragt, ob sie Anbeter des Antichristen seien, machen fundamentale Religioten und konservative Politiker mittlerweile richtig Front gegen diese tollen, intelligenten Künstler aus Linköping. Solch selbst ernannten Hexenjägern kann man nur mit dem alten Dracula-Zitat begegnen: "Hört nur die Kreaturen der Nacht, welch liebliche Musik sie machen!" Ja, wir hören es. Immer und immer wieder gern.

Trackliste

  1. 1. Spirit
  2. 2. From The Pinnacle To The Pit
  3. 3. Cirice
  4. 4. Spöksonat
  5. 5. He Is
  6. 6. Mummy Dust
  7. 7. Majesty
  8. 8. Devil Church
  9. 9. Absolution
  10. 10. Deus In Absentia

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11 Kommentare mit 15 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    Extrem starkes Album, mMn bisher das Beste von Ghost. Da kann man auch gerne 5 Sterne vergeben!

  • Vor 9 Jahren

    Ein kreuzgeiles Album! Dass Ghost bei den Verteidigern des Metal-Grahls nicht ankommen, wundert mich nicht. Scheint mir ein großes Missverständnis zu sein.
    Und den Kreuz und Koran schwenkenden Fanatikern möchte ich einmal mehr das Wort des Heiligen Frank von Zappa zurufen: "If there is a hell, its fires waits for them, not us".

  • Vor 9 Jahren

    Ein kreuzgeiles Album! Dass Ghost bei den Verteidigern des Metal-Grahls nicht ankommen, wundert mich nicht. Scheint mir ein großes Missverständnis zu sein. Und den Kreuz und Koran schwenkenden Fanatikern möchte ich einmal mehr das Wort des Heiligen Frank von Zappa zurufen: "If there is a hell, its fires waits for them, not us".