laut.de-Kritik

Seine Leichtigkeit ist der größte Trumpf des jungen Spaniers.

Review von

Gelungene Popmusik aus Spanien ohne Kitsch oder sich an die Charts anzubiedern, findet man in den vergangenen Jahren selten. Denkt man an die Ergüsse von Alvaro Soler oder Marquess, wendet man sich lieber ab. Doch es gibt diesen eher schüchternen, unauffälligen Hoffnungsschimmer aus Bilbao, der entfernt an Manu Chao erinnert: Guillermo 'Gizmo' Varillas.

Der junge Spanier schickt sich mit seinem halbstündigen Debüt "El Dorado" an, Musik mit Einflüssen aus dem Mittelmeerraum wieder salonfähig zu machen. Zugegeben, "Al Caminar" ist zwar der einzige rein spanische Song, aber der Sound von Gizmo könnte mediterraner nicht sein.

Umringt von zwei malerischen Instrumentals öffnet sich das Album mit jedem weiteren Hördurchgang weiter. Das Besondere daran: Die durchgehende Leichtigkeit Gizmos. Niemals klingt sein Vortrag angestrengt oder verkrampft, stets schwebt er angenehm in die Gehörgänge. Und auch dank der Kürze der Tracks kommt Langeweile oder Lustlosigkeit erst gar nicht auf.

"Paraiso" lässt mit Akustik- und E-Gitarren sowie Querflöten gleich das Mittelmmer erahnen, dazu kommt ein vergnügter Groove. "Freedom For A Change" geht diesen Weg weiter mit luftig leichtem Arrangement, eingängiger Melodie und süßlichen Riffs.

Varillas, derzeit im walisischen Cardiff ansässig, zeichnet sich aber nicht in erster Linie durch sonnige Weltmusik aus, sondern auch durch eine entrückte Coolness. "Gotta Getaway" erinnert an Airs "Pocket Symphony" plus lässigem Vibe, in "Outta My Mind" zupft der Bass im Hintergrund ein relaxtes Fundament.

Am deutlichsten hört man seine südländischen Wurzeln in "Shadows Of The Dark": Gizmo besingt Liebeskummer und unerwiderte Liebe auf mäandernden, spanischen Gitarren à la Joaquín Rodrigo ("Concierto de Aranjuez"), die tief die Kultur seines Heimatlandes atmen.

Ein wenig Hippie der 70er in "Early Days", ein nach Mittelalter zu Zeiten des großen El Cid klingendes "On The Run" und die vergnügt vor sich hin plätschernde Single "Give A Little Love" mit Ohrwurm-Refrain komplettieren den Sound des Debüts.

Varillas' Stimme besitzt eine schöne, angenehme Wärme, die er gleichwohl mehr einsetzen könnte. Den Spielraum seines Organs nutzt er kaum aus und bleibt stets im introvertierten Rahmen. Zuweilen nuschelt Gizmo ein wenig, was das Verständnis seiner Texte beeinträchtigt. Dort könnte sein Vortrag noch deutlicher und präsenter ausfallen.

Dennoch klingt "El Dorado" wie aus einem Guss - auch wenn zwei Stücke goldener strahlen als der Rest. "Hold On" frohlockt mit heiterem Singer/Songwriter-Pop im mediterranem Gewand, obgleich Melancholie in diesem Liebeslied mitschwingt: "I'm just looking for someone / for someone like you / never give up on falling in love / I said life is too short". "No War" gibt dem naiv romantischen 'Liebe ist immer die Lösung'-Credo das passende musikalische Korsett und setzt mit Sniff'n The Tears "Driver's Seat"-Groove sowie John Lennon-Sample ein markantes Ausrufezeichen.

Ein Blick ins Booklet verrät, dass Gizmo Varillas diesen Longplayer in kompletter Eigenregie produzierte, er spielte auch alle Instrumente selbst ein. Darunter Exoten wie das Agogo, Kastagnetten, die Cabasa, der Guiro und das Charango. Vor diesem Hintergrund kann man dem jungen Spanier nur zu einem gelungenen und kurzweiligen Debüt gratulieren, das die trüben Herbsttage etwas aufhellt.

Kommt der talentientierte Baske noch ein wenig aus sich heraus und zeigt sein ganzes stimmliches Volumen, erwartet uns in Zukunft ein überaus interessanter Künstler. ¡Bien hecho, señor Varillas!

Trackliste

  1. 1. Paraiso
  2. 2. Freedom For A Change
  3. 3. Gotta Getaway
  4. 4. Hold On
  5. 5. Outta My Mind
  6. 6. Give A Little Love
  7. 7. Al Caminar
  8. 8. Shadows Of The Dark
  9. 9. On The Run
  10. 10. No War
  11. 11. Early Days
  12. 12. El Dorado

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