laut.de-Kritik
Dunkler Folk-Rock mit Punk- und Metal-Einschlag.
Review von Olaf SchmidtAus der Reihe "Bandnamen, die für deutsche Ohren merkwürdig klingen" kommen Glittertind aus Norwegen zu uns. Wer dabei an Lippenstift und enge Hosen denkt, also an Glam Rock, liegt jedoch falsch. Die Musik lässt sich am ehesten als dunkler Folk Rock mit Punk- und Metal-Anleihen bezeichnen. Und dazu passt dann auch wieder der Name. Denn Glittertind ist der zweithöchste Berg Norwegens. 2464 Meter immerhin. Da kommt der Kahle Asten nicht gegen an.
Bisher ein reines Soloprojekt von Torbjørn Sandvik, präsentieren sich Glittertind auf ihrem fünften Album erstmals als richtige Band mit voller Besetzung. Die Texte drehen sich laut Booklet um "writers who by the end of the 19th century said something about what it means to be a modern human being". Leider kann der Rezensent aufgrund sehr eingeschränkter Norwegisch-Kenntnisse keine Angaben darüber machen, wie gut das umgesetzt wurde.
Macht nichts, die Musik spricht für sich. Wer schöne Folkballaden wie "Kvilelaus" aufnimmt (das etwas an "Harvest" von Opeth erinnert), dürfte sogar über die Preise von eingegrabenem Hering singen. Akkordeon inklusive. Glittertind haben ein abwechslungsreiches Album eingespielt, das immer zwischen den Polen ruhig-nachdenklich und rockig-stürmisch hin- und herpendelt.
"Inngang" leitet sofort in die schnellere Rocknummer "Djevelsvart" (teufelsschwarz) über. Ein paar ätherische Flötenklänge wehen über den Fjord und brechen sich an den Bergmassiven. Auch einige Growls sind zu vernehmen, aber es bleiben die einzigen auf dem Album. Wenn die Band mal etwas härter zu Werke geht, bleibt die Melodie dennoch nie auf der Strecke.
Ethnologisch sehr interessant: mit der richtigen Intonation und der passenden Melodie hört sich Norwegisch wie eine asiatische Sprache an, etwa in "Sundriven". Im Hintergrund raunen kernige Männerchöre, man möchte noch einen zweiten Mantel anziehen, der Winter zeigt sich dieses Jahr besonders kalt. "Sprekk For Sol" ist nach bandeigener Aussage ein Statement gegen Rechtsextremismus und Hassideologien und wurde vom Utøya-Massaker 2011 beeinflusst. Glittertind lassen den Song am Schluss auseinanderfallen, eine von vielen guten Ideen auf "Djevelsvart". In "Trollbunden" hat sich sogar ein fröhlicher Upbeat-Rhythmus eingeschlichen.
Besonders schön gelingt das Klavierspiel von Geirmund Simonsen, der für die Aufnahme einen echten Flügel und kein Keyboard verwendet. Das macht sich im Sound bezahlt, der dadurch voller und erhabener wirkt - gut zu hören in der zweiten Hälfte von "Stjerneslør". Der Song beginnt ruhig und etwas zu süßlich, endet aber irgendwie episch und düster. Das können sie sehr gut bei Glittertind, diese atmosphärischen Wechsel, das Spiel mit unterschiedlichen Intensitäten. Einen perfekterer Rausschmeißer als "Utgang" ist nur schwer vorstellbar: ein melancholisches Klavierstück, rein instrumental, ein altes Traditional. Danach geht die Sonne endgültig unter.
1 Kommentar
klingt eig echt geil. ich riskier mal ein öhr. aber wehe, es ist nicht gut