laut.de-Kritik
Den eigenen Sound weitergedacht - lebendig, groovig, organisch.
Review von Thomas HaasEin Vorurteil von so manchem Realkeeper über die heutige Rapgeneration geht etwa so: "Die klingen doch alle gleich und dazu noch scheiße". Einer, der sich einerseits zwar zu genau dieser Generation zählt, sich andererseits aber klammheimlich ein eigenes, spannendes Sounduniversum erschaffen hat, heißt GoldLink. "Future Bounce" nennt er seine Musik, die er auf seiner Debütplatte "And After That, We Didn't Talk" bereits äußerst überzeugend vorstellte.
"At What Cost" geht – trotz erstmaligem Majorlabel-Support - noch einen Schritt weiter und lässt die Grenzen zwischen HipHop, Funk und House weiter verschwimmen. Dafür richtet GoldLink seinen Blick aber nicht etwa um den halben Globus, wie es ein gewisser Drake unlängst neuerlich vormachte, sondern in seine Heimatstadt Washington, D.C. Die ist in den letzten Jahren nämlich zu so etwas wie einem Brodelbecken für tanzbare Musik geworden. GoldLink ist nur schlicht der Erste, der dieses Gefühl auch in seine Rapmusik überträgt – dynamisch, groovig, organisch. Und weil er sich in seiner Sache so sicher ist, verzichtet er nahezu gänzlich auf namhafte Features und lädt stattdessen Freunde und soundtechnische Querdenker auf ein rundum lebendiges und visionäres Album ein.
GoldLink kuratiert die vielen, frischen Ideen seiner Gäste und spinnt sie zu einem konsequenten Narrativ zusammen, das immer lebensbejahend und tanzbar ist und ohne jeglichen Materialismus auskommt. "Mediation" zeigt einen sample-flippenden Kaytranada, der einen Songauslauf von seinem eigenen Album weiterspinnt, und den virtuos rappenden GoldLink – eine energische Kombo.
Ähnlich getrieben und noch ein Stück weit musikalischer kommt "Have You Seen That Girl" daher: eine Songstruktur angelehnt an eine Kurzgeschichtensammlung, die von einer knackigen, repetitiven Hook zusammengehalten wird. Zwischen den beiden Songs steht ein Interlude, das den klassischen Go Go-Funk aus Washington - begleitet von einem Live-Emcee - authentisch nachahmt: "Get yo ass up off the wall/ Off the wall, off the wall/ I said get yo ass up off the wall/ Off the wall, off the wall".
Ein weiterer Standout-Song, bei dem man das einzige Mal das Gefühl hat, der Gast stehle GoldLink die Show, heißt "Some Girl". Darauf zeichnet der seit neuestem von Kendrick gekrönte Steve Lacy (The Internet) für die Hook verantwortlich. Sein sorgenloser Gesang und die unbeeindruckte Produktion wirken wie aus einem Teenagertraum gefallen: "Searching for compatibility/ Looking for the one that's right for me/ Where do I go?/ Where do I find her?".
Sowieso ist es wahrscheinlich gerade diese Unbeschwertheit, die die Platte so zugänglich und unterhaltsam macht. So macht Hip Hop auch denjenigen Spaß, die sich nur geringfügig mit neuen Strömungen identifizieren können.
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