laut.de-Kritik
Der Soundtrack zum Día de Muertos.
Review von Manuel BergerNein, Grave Pleasures haben keine ihrer Qualitäten eingebüßt. Die einstigen Beastmilk-Heroes liefern mit "Motherblood" den Soundtrack für viele Roadtrips. Refrains zum Niederknien, entschlackte Songstrukturen, Riffs, die direkt in die Beine gehen.
"Be My Hiroshima" ist vielleicht das Paradebeispiel, wie Grave Pleasures funktionieren. Nach zehn Sekunden fällt die Band mit der Hook ins Ohr. Kaum ist diese vorüber, legt sich um ein melodisches Gitarrenarpeggio ein stoischer Achtelrhythmus. Eine Minute später kracht der Refrain zum zweiten mal rein und alle singen mit. In der Strophe gibt Sänger Mat McNerney mit tiefer Stimme den Düsterzwerg, im Chorus macht er auf und trällert bestens gelaunt und in hohen Lagen von "mass destruction".
Überhaupt macht einen wesentlichen Bestandteil von "Motherblood" die makaber poetische Lyrik des Finnen-Fünfers aus. "Death is the meaning of life / Oh happy death", singt McNerney in "Joy Through Death". Wunderschön hässlich auch folgende Passage des Openers "Infatuation Overkill": "Slow hard fuck in the bathroom / Where screams meet sighs / We suck the night / Even Jesus was never as sweet as this". Wer sagt denn, dass düsterer Text auch immer düstere Musik zur Folge haben muss? Beim Día de Muertos heult ja auch keiner.
Stilistisch ordnet sich die Tonmasse Grave Pleasures zwischen frechen Kadavar und My Chemical Romance ein. Allen Songs haftet ein Vibe an, wie man ihn von 70er-Psychedelik her kennt. Allerdings kombinieren die Musiker das mit einer Menge Pop-Punk-Elemente – und klauen sich eben auch dessen unverschämte Eingängigkeit. Palm-Mute-Strophen und Basis-Drumbeats sind zwar ausverkauft, sobald die Band mit ihrer farbenfrohen Dunkelmesse durch sind. Mit Hilfe McNerneys kreativen Vocallines kaschieren sie die dahingehend fehlende Abwechslung aber. Man hört der Truppe einfach gerne zu. Eingestreute Details, wie das Western-Lick in "Laughing Abyss" und die abgründige Tremolo-Salve in "Atomic Christ" helfen ebenso.
Ein Manko, das zwar beim Autofahren, wo "Motherblood" neben einer Live-Bühne wohl am besten aufgehoben ist, nicht weiter stören dürfte, auf der heimischen Anlage dafür schon, ist der Percussion-Sound der Platte. Gerade in "Doomsday Rainbows", wenn zum dumpfen Schlagzeug auch noch seltsam abgewischtes Klatschen erklingt, fällt das doch ins Gewicht. Einmal mehr offenbart sich, wie wichtig McNerney als omnipräsenter, melodiöser Alleskleber im Bandgefüge ist.
Am Ende heißt es eben lakonisch: Die Mischung machts, und die ist bei Grave Pleasures sehr gelungen. Auch wenn einige Bestandteile Schwächen offenbaren – in Zusammenspiel mit den anderen funktionieren sie. Und das ist schließlich die Hauptsache. "My friend of death / Open your arms / I’ll be your joyful native!"
2 Kommentare mit einer Antwort
wie immer grandios!
+1 (besser spät als nie)
Famos!