laut.de-Kritik
Der Bad Religion-Frontmann versucht sich als Folk-Barde.
Review von Giuliano BenassiEines Tages habe er auf einer Akustikgitarre den Folksong "Omie Wise" gespielt. Brett Gurewitz habe aufgehorcht und vorgeschlagen, ein Album mit alten Stücken aufzunehmen. "An diesem Tag wurde der Samen für dieses Soloprojekt gepflanzt", schreibt Greg Graffin im Booklet zur vorliegenden CD.
Nun sind weder Graffin noch Gurewitz für leise Klänge bekannt. In Gegenteil: Als Sänger und Gitarrist von Bad Religion sorgen sie seit Anfang der 80er Jahre für raue Töne. Auf dem letzten Album der Band, "The Empire Strikes First" (2004), zeigten sie sich kompromisslos, wütend und politisch aktiv. "Cold As The Clay" bildet zwei Jahre später den Gegenpol.
Der Opener ist eines von fünf Stücken, die aus der Feder Graffins stammen. Die anderen sechs sind der reichen Sammlung anonymer Folksongs entliehen, mit denen die Vorfahren Woody Guthries über die staubigen Straßen der USA zogen und die Landbevölkerung unterhielten. Der Ursprung der Lieder ist aber relativ unwichtig, denn sie passen ohne Probleme zueinander. Das ist sowohl der Produktion Gurewitz' zu verdanken (nur einmal tritt er direkt in Erscheinung, als Background-Sänger im abschließenden "One More Hill") als auch der Begleitband The Weakerthans, die mit Akustikgitarren und Banjos für eine entspannte Stimmung sorgt. Die Singer/Songwriterin Jolie Holland versüßt die Atmosphäre mit ihrer klaren Stimme zusätzlich.
Nachdem in "Don't Be Afraid to Run" moderate E-Töne zum Einsatz kommen, lebt "Omie Wise" von einer gezupften Akustik-Gitarre und Graffins Stimme. Wie so oft bei US-Folkliedern geht es um den Tod einer jungen Frau durch die Hände ihres Liebhabers. Das gleiche Thema wie auch bei "Little Sadie", dessen Text aus einem anderen Lied bekannt ist. "Went out last night to take a little round, I met a little Sadie and I blew her down / Bummed a ride home, got into bed, 44 smokeless under my head", lautet die erste Strophe. Schon mal gehört? Johnny Cash verarbeitete sie (und das restliche Lied) in "Cocaine Blues", das Stück, mit dem er die Insassen während seines Konzertes in Folsom Prison zum Toben brachte.
Von Plagiat kann aber nicht die Rede sein, schließlich liegt die Kunst der Folk-Barden gerade darin, bereits vorhandenes Material den aktuellen Umständen anzupassen und mit eigenem Stil wieder zu geben. Ein Unterfangen, das Graffin nur bedingt gelingt. "Cold As Clay" ist zwar ein nett anzuhörendes Album, aber die Tiefe eines "echten" Folk-Interpreten erreicht der Sänger nicht. Vielleicht, weil er sich zu viele Gedanken macht, wie der lange Text im Booklet zeigt.
"Meine Hoffnung ist, dass dieses Projekt weiterlebt und die Tradition des amerikanischen Songwritings weiter vermittelt, lange nachdem ich begraben und kalt wie der Lehm bin", schreibt er zum Schluss. Eine Hoffnung, Herr Graffin, die wohl nicht in Erfüllung gehen wird, denn dafür haben schon einige vor Ihnen – und besser - gesorgt.
1 Kommentar
na, da kann man auch anderer ansicht sein.
ähnlich wie auf dieser cd, könnte man auch jeden bad religion song als folkballade arrangieren.
und ähnlich dem output seiner hauptband hört man bei graffin auch hier die unbedingte leidenschaft für die dargebotenen songs.
bei der auswahl hat er ein händchen für catchy melodies entwickelt und die großtat vollbracht, mit den eigenen songs eben keinen qualitätsbruch im vergleich zu den ehrwürdigen trads zu verursachen.
also: für nen reinrassigen punk man: klasse gemacht!