laut.de-Kritik

Gelungenes Seitenprojekt des Wolf Parade-Sängers.

Review von

Wenn eine Band wie Wolf Parade zwei gleichberechtigte Sänger und Songschreiber in ihren Reihen hat, dann ist damit zu rechnen, dass die ihre musikalischen Ambitionen und Vorstellungen auch als Solo-Artisten unter Beweis stellen. Spencer Krug bewegt sich mit Sunset Rubdown auf Solo-Pfaden, Dan Boeckner hat mit seiner Freundin und Schriftstellerin Alexei Perry das Seitenprojekt Handsome Furs ins Leben gerufen und nun den Longplayer "Plague Park" auf den Markt gebracht.

Die ersten Töne des Openers "What We Had" verdeutlichen das Konzept des Duos. Ein archaisch tönender Drumcomputer gibt den Takt vor, das E-Gitarren-Riff entwirft ein düsteres, repetitives Muster, auf das sich der durchhängende und immer etwas verstört tönende Gesang Boeckners legt. Die Kompositionen kombinieren kühle Elektronik und Soundeffekte mit solidem Gitarrenspiel und werden von ohrgängigen Melodien zusammengehalten. Das ist weniger Rock als vielmehr Indie-Pop, der den Geist der 80er Jahre eingeatmet hat und dessen spartanische Arrangements dennoch eine klangliche Flächigkeit transportieren.

Wie in "Hearts Of Iron" verleiht der langgezogene Gesang den Songs eine hymnische Aura. "We can get you anything you want/ but you won't know what it's for" heißt es hier und drückt exemplarisch die Kritik des Duos an Technologie und Fortschritt aus.

In "Handsome Furs Hate This City" windet sich der Gesang durch einen lieblichen Synthesizer-Lauf und diverse Soundeffekte, ehe der artifizielle Beat an Fahrt aufnimmt und der nun gedoppelte Gesang dem beschleunigten Tempo folgt. Mit verspielten Elektro-Elementen, einem Beat, der sich zum Marsch aufschwingt und weichem Gitarren-Picking öffnet "Snakes And Ladders" einen hellen Raum, in dem Boeckner seine Visionen artikuliert. In der Midtempo-Nummer "Cannot Get Started" bildet ein eingängiges elektronischer Rhythmus die Basis, der sich in "Dead And Rural" zu einem sanften Diso-Beat aufschwingt.

Nach wirrem Beginn lichtet sich in "Sing! Captain" die Konfusion und macht einer schönen und ruhigen Melodie Platz. Der Einstieg in "Dumb Animals" klingt wie eine verlangsamte Adaption des Schemas aus dem Visage-Klassiker "Fade To Grey", entwirft aber anschließend mit Orgelsound und E-Gitarre eine psychedelische Kulisse, die nach zwei Minuten in sich zusammenfällt. "The Radio's Hot Sun", der letzte Track, überrascht schließlich mit einer klassischen Songstruktur, einer geschlagenen Akustikgitarre sparsamem Synthesizer-Einsatz und einem La La- Refrain.

Das Wechselspiel zwischen digitalen und analogen Elementen reflektiert in den Songs eindringlich die Suche nach dem rechten Weg, der idealerweise genau zwischen der kalten, aber flirrenden Großstadtästhetik und der drögen, aber warmen Landlebenidylle liegt. Die gebrochene Simme Boeckners ist die vokale Entsprechung dieser Ungewissheit.

Den Handsome Furs ist ein Album geglückt, das die sich wiederstreitenden Pole erstaunlich harmonisch vereint und immer eigentümlich unzeitgemäß und zurückhaltend klingt. Insofern ist "Plague Park" mehr als ein geglücktes Experiment.

Trackliste

  1. 1. What We Had
  2. 2. Hearts Of Iron
  3. 3. Handsome Furs Hate This City
  4. 4. Snakes On The Ladder
  5. 5. Cannot Get Started
  6. 6. Sing! Captain
  7. 7. Dead + Rural
  8. 8. Dumb Animals
  9. 9. The Radio's Hot Sun

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