laut.de-Kritik

Aufschürfender Indie-Blues lädt zum Rasierklingen-Tanz.

Review von

Warum prangt eigentlich auf dem Cover eines ehemaligen Grafik-Designers, der sich obendrein als leicht snobbiger Style-Fetischist gibt, ein Motiv, das sich ein Hells Angels-Redneck in den verbrannten Stiernacken stechen lässt? Die unweigerliche Schwer-Metal-Assoziation geht jedenfalls fehl.

Unter die Haut schiebt sich der Depri-Blues obgleich schon, den der Skaterboy aus San Francisco da im Ego-Tripp auf den Tonträger presst. Abgesehen vom Zutun von Live-Drummer Ron Marinelli, Produzent Sonny DiPerri und ein paar seiner Homies werkelte Hanni El Kathip eigenhändig an allen Instrumenten.

Wie der Vorgänger "Head In The Dirt", den Dan Auerbach produzierte, driftet "Moonlight" mit sattelfestem wie saftigem Groove ins Dunkle, Verhangene ab und treibt gar in fiebrige David Lynch-Psychedelik. Bereits der LSD-trippende Opener lullt mit einem mantrahaften Endlos-Riff ein und hat dabei etwas wohlig Beklemmendes.

El Khatibs Soli bohren sich unerwartet in luftgetrocknetem Drive aus der Song-Rinde. Stellenweise erinnert der Sound und dieser verspulte Pseudo-Lofi auch an Danger Mouse und dessen Suizidal-Kollabo "Dark Night Of The Soul" mit Sparklehorse. Frostig verhallt legt sich die Stimme El Khatibs, die vom Fucked-Up-Barometer her mit Julian Casablancas mithalten kann, über bleierne Bass und Gitarren-Motive, die am Swing schwer zu tragen haben.

Aus der Ödnis eines Down-Beats, aus dem ein paar Blues-Tonleiter-Klimpereien herausplumpsen, ragen vereinzelt Gitarren-Linien, so entfremdet, dass man auch stattdessen Trompeten imaginieren könnte, oder zumindest einen Luftballon, aus dem langsam und schrill quietschend die Luft entweicht. Dennoch bleibt das alles stets minimalistisch gedacht im aufgekratzten Out-Of-Bed-Style, so wie das treibende "Chasin", das sich auch für den Soundtrack einer Calvin Klein-Werbung eignet.

Die meiste Zeit über hat dieses Retro-Gepose auch etwas Reizvolles und erinnert ästhetisch hier und da an die Vintage-Helden von Tame Impala. Einzig in "Servant" kippt die Coolness leicht ins Lethargische.
Mehr Spannungsbogen liefert dagegen "Mexiko", das sachte akustisch daher schwappt und schließlich im dramatischen Streicher-Strudel endet.

Manchmal meint man, der Multi-Instrumentalist sägt da im Bad eines abgeranzten Motels mit einer abgebrochenen Rasierklinge an den Saiten, während in seinem Mundwinkel ein Joint vor sich hin schmort. An der Badass-Attitüde mangelt es Hanni jedenfalls nicht. Man nehme nur den grandiosen "Worship Song (No.2)", der genüsslich das Rauschgift in die Venen drückt und dicken Drogennebel aufsteigen lässt. Und diese verstörenden Soli, die irgendeinem seelischen Krater entsteigen. Als hätte der Halb-Filipino Tom Waits mit RZA und Iggy Pop ins Studio gesperrt.

Auf dem letzten Track "Two Brothers" rekrutierte Hanni dann aber tatsächlich Tome Lea von Rhye und flirtet offensiv mit Disco-Loops, die sogar Bonobo aufblitzen lassen. Und irgendwie macht auch das total Sinn. So wie eigentlich fast alles, was der ehemalige HUF-Designer da fabriziert. Dieser Urban Used-Look steht seinem Schöpfer einfach perfekt und liefert den optimalen Polaroid-Filter für Tage so grau wie eine Calvin Klein-Werbung.

Trackliste

  1. 1. Moonlight
  2. 2. Melt Me
  3. 3. The Teeth
  4. 4. Chasin'
  5. 5. Worship Song (No.2)
  6. 6. Mexico
  7. 7. Servant
  8. 8. All Black
  9. 9. Home
  10. 10. Dance Hall
  11. 11. Two Brothers

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