laut.de-Kritik
Erstes Soloalbum der Faust-Legende.
Review von Daniel StraubIm Hauptberuf sitzt Hans Joachim Irmler bei der Krautrock-Legende Faust irgendwo im hinteren Bühnenteil gut versteckt an seiner Orgel. Nun ist Faust aber nicht gerade eine Band, bei der sich Platte und Tour in endlos wiederkehrender Regelmäßigkeit aneinander reihen. So bleibt den einzelnen Mitgliedern reichlich Zeit, ihre sonstigen künstlerischen Ambitionen zu verfolgen. Gerade deshalb ist es mehr als erstaunlich, dass mit Hans Joachim Irmlers "Lifelike" nun erstmals ein Solorelease aus dem Faust-Kollektiv erscheint.
Ursprünglich zur akustischen Untermalung einer Ausstellung über das Leben römischer Soldaten um Christi Geburt in Oberschwaben konzipiert, finden sich die acht Tracks nun, in einen universalen Zusammenhang gestellt, auf dem Tonträger "Lifelike" wieder. Das Leben als ein sich zyklisch wiederholendes Auf und Ab, so präsentiert Irmler seine Soundcollagen, wenn man zunächst der Metaphorik des Coverartwork folgt. Und die ist in diesem Falle gar keine schlechte Ausgangsbasis.
Ähnlich frühen Industrialbands wie Zoviet France oder Lustmord gibt Irmler den ersten vier Tracks seines Albums ein sanft aber bestimmt dröhnendes Fundament, über das sich unterschiedliche Schichten an Sounds legen. Dunkle und gewalttätige Stimmungen ziehen hier im Zuhörer herauf, überwältigen ihn jedoch nie zur Gänze, lassen immer die Möglichkeit zur Distanzierung, vielleicht sogar zu Flucht offen. Erst mit "Kleine Welt" hellt sich der Geräuschkosmos Irmlers merklich auf.
Puristisch und klar in seiner Anlage, entwickelt der Track den idyllisch harmonischen Aspekt des Lebens aus sich heraus, bis sich mit "Trevo" konkrete Geräusche den ruhigen Sounds entgegenstellen. Mit viel Metall behängte, marschierende Soldaten, angetrieben von den einpeitschenden Rufen des Zenturio tauchen für einen kurzen Moment vor dem inneren Auge auf, bevor sie sich wieder in der friedlichen (Klang-)landschaft des Tracks verlieren. Ob und an welchem Punkt das musikalische Lebensrad Irmlers schließlich zum Stillstand kommt, lässt dieser offen. "Werft" schließt mit seinem dissonanten Akkordwummern nahtlos an den Opener "Elektroblitz" an. "Lifelike", wie das Leben, eine runde Sache.
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