laut.de-Kritik

Herbie und Joachim Löw - musste das sein?

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Es gibt Sachen, die passen einfach nicht zusammen. Bier und After Eight, Nutella und Schweinemett, Musik und DSDS, Frankfurt und Offenbach, Grönemeyer und Fußball. Mit "Zeit, dass sich was dreht" hatte er 2006 zur Fußball-WM in Deutschland eine sehr gewollte und hüftsteife Hymne verfasst. Vom 7:1-Sieg der deutschen Nationalmannschaft über Brasilien und den darauf folgenden Weltmeistertitel beflügelt, folgt nun mit "Der Löw" der nächste Versuch.

Den Löwen steckt er in hitzige Dschungelrythmen, singt von Euphorietornados und Desperados. "Der Sommer hat getanzt / Der Sommer hat romanzt." Mehr Zoltan Sebescen als Mario Götze setzt der theatralische Refrain aus der Wortspielhölle dem Fiasko die Krone auf. "Der Löw war los / Sie warn grandios / Und endlich war ihre Zeit." Der Fuchs geht rum, dreht euch nicht um, sonst tanzt er euch auf dem Buckel herum.

Bis zu dieser Peinlichkeit hat sich das staatstragende "Dauernd Jetzt" glücklicherweise bereits gefunden. Für gut ein Drittel der Stücke steht das unterkühlte und bittersüße "Morgen" Pate. Grönemeyer gibt sich als Carabiniere auf Nachtstreife und baut das zuerst distanzierte Stück mehr und mehr zur Hymne aus. Gleichartiges Flair vermittelt die fragil arrangierte und fesselnde Ballade "Fang Mich An", verzichtet jedoch auf den finalen Anstieg. "Lieb mich wenig / Dafür lieb mich lang", fleht der 58-jährige Sänger.

Dem gegenüber steht das von Annette Humpe geschriebene "Einverstanden", das die Deutschrock-Koryphäe zum reinen Interpreten degradiert und dessen hochgestimmte Elektronik sich deutlich vom Rest des Longplayers abhebt.

"Dosier dich für dich / Bleib fremd und vage / Du bist so reizvoll als Idee." Mit Schweineorgelsolo und Apocalyptica kritisiert der gebürtige Göttinger im grimmigen "Uniform" die "digitale Diktatur" und unseren unüberlegten Umgang mit sozialen Netzwerken. "Wenn ich mich verberge, werde ich zum Terrorist."

"Unser Land" widmet sich dem vielschichtigen Deutschland, will aber zwischen Verbundenheit, einer deutlichen Stellungnahme gegen Rechts und Wirtschaftskritik zu viel - worüber der mitreißende Refrain aber hinweg hilft. Mit einer kurzen Zeile liefert Grönemeyer im Vorbeigehen das perfekte Statement zur großen Koalition. "Schwarz Rot / Stimulierend wie Knäckebrot."

Zu Beginn zitiert die aufgeschürfte Pianoballade "Verloren" kurz Nino Rotas "The Godfather Waltz", bevor aus ihr ein nachdenkliches Chanson erwächst, in dem Grönemeyer seine Stimme ungewohnt tief und brüchig einsetzt. Eine akustische Gitarre und feingliedrige Percussions begleiten die idyllische Schönheit von "Ich Lieb Mich Durch".

"Es ist der Spaß an der Planlosigkeit / Die Lust am Risiko / Ich will gar nicht wissen, was mich morgen so einholt / Wenn der harte Regen fällt / Wasch ich mit ihm mein Gesicht." Mit "Wunderbare Leere" schüttelt Grönemeyer nebenbei einen enthusiastischen Stadion-Rocker mit "We Will Rock You"-Anleihen für die kommende Tournee aus dem Ärmel. Gemeinsam mit den blinden Weltmusikern Amadou & Mariam gelingt ihm zum Abschluss mit "Feuerlicht", das leise aber deutlich das Leid afrikanischer Flüchtlinge thematisiert, sein eigenes kleines "Shaking The Tree" - der Höhepunkt der Platte: "Ich bin der ungebetene Gast / Zersplittert und verstummt / Mein As im Ärmel ist durchnässt."

Einstweilig bleibt "Mensch" Herbert Grönemeyers letztes großes Hurra. Sieht man aber vom Totalausfall "Der Löw" und dem ein oder anderen dahinplätscherten Moment ab, pendelt Album Nummer 14 geschickt zwischen wütendem Deutschrock und introvertiert reduzierten Stücken hin und her.

Trackliste

  1. 1. Morgen
  2. 2. Wunderbare Leere
  3. 3. Uniform
  4. 4. Fang Mich An
  5. 5. Roter Mond
  6. 6. Der Löw
  7. 7. Unter Tage
  8. 8. Verloren
  9. 9. Unser Land
  10. 10. Ich Lieb Mich Durch
  11. 11. Einverstanden
  12. 12. Feuerlicht

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11 Kommentare mit 11 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    Also ich habe inzwischen das ganze Album gehört... naja, geht so. Ist mit drei Sternen wohl ganz gut bedient.

  • Vor 9 Jahren

    "Dauernd jetzt!" ist ne Enttäuschung. Vlt. nicht ganz so schlimm wie "Schiffsverkehr" aber auch nach 3 mal Hören empfinde ich (als großer Grönemeyer-Fan) die Hälfte bis zwei Drittel der Songs inhaltlich kaum bemerkenswert und musikalisch reißt mich da auch nichts wirklich vom Hocker. Das ist ziemlich schade, da dass Album spannend promoted wurde und ganz nebenbei auch deutliche mehr kostete (digitale Version) als vergleichbare Neuerscheinungen.

    Irgendwo traurig, dass Grönemeyers Veröffentlichungen in den letzten Jahren selbst an die Qualitäten der Alben Ende der 80er und Anfang der 90er nicht mehr herankommen, ganz abgesehen von seinem überragenden Werk "Mensch".

  • Vor 9 Jahren

    Das Album ist 70 Minuten REINER MÜLL UND KALKÜL POP; FÜR DIE DEUTSCHE (ARISCHE XD) SEELE DIE NACH UNNÖTIGEN PATHOS VERLANGT, das Album ist Schrott, Punkt! Wahrscheinlich muss er es promoten, weil die Verkaufszahlen bei Udo Jürgens diesmal höher sind und außerdem muss er ja auch eine Tournee promoten, in meinen Augen ist dieser infantile PR-Gag nichts als Hirnwichse, von irgendwelchen minderbemittelten BILD-Schreiberlingen unnötig aufgebauscht, um dem kleinen Herbert mal einen "Skandal" anzukreiden, wie würde Fler sagen, mit den Worten von K(I)Z natürlich: EIN DEUTSCHER BADBOY