laut.de-Kritik

Beim Hören entdeckt man seine Violent Nature schnell.

Review von

Besonders schlechte Bandnamen gibt es viele, I Prevail ist einer davon. "Ich bestehe", "Ich werde oben schwimmen", "Ich behaupte mich", im Deutschen findet sich kein exaktes Äquivalent zum schönen prevail. Als Bandname hat das was Pennälerhaftes, dieses ständige Auflehnenmüssen, das sich ja eigentlich durch eine Ausnahmesituation auszeichnet und in seiner Ständigkeit als Name eher seltsam wirkt. Nun gut, "Violent Nature" ist Album Nummer vier der Band, die erst mit dem Drittwerk "True Power" qualitativ ein wenig anzog.

Der bisherige Clou der Band waren die beiden Sänger Eric Vanlerberghe und Brian Burkheiser. Der erste übernahm ein wenig clean und das Shouting, der zwote sang die meisten cleanen Parts. Daraus ergab sich zumindest auf dem letzten Album stellenweise eine Dynamik, die über die barocke Produktion und Mängel im Songwriting hinwegtäuschen konnte. Den Vorteil hat "Violent Nature" nicht, Burkheiser erkrankte am seltenen Eagle-Syndrom, das sich cooler anhört, als es sich für ihn anfühlt.

Vanlerberghe singt allein, die Produktion ist mittlerweile so fett, dass Victorien Sardou sich noch geschämt hätte. Die gefühlvollen Passagen sind so kitschig, dass die Abwechslung mit den harten Parts dissonant wirkt. "Synthetic Soul" erledigen seine billigen Industrialbeats genauso wie sein schmieriger Refrain und seine Lyrics. Ich musste extra nachschauen, ob das wirklich Amis sind, denn einem Muttersprachler sollte sich das hier eigentlich verbieten:

"I stare into reflections, that look like something I once knew. In essence it's all for nothing".

I once listened to music, that sounded like something, entgegne ich. Aber nun muss ich I Prevail hören und schon die Grunzlaute von Vanlerberghe wie bei "NWO" gehen in ihrer aufgesetzt morosen Kapriziösität gewaltig auf den Sack. Dann wird der Song handwerklich vordergründig kompetent durchgebumst, aber eine seelenlosere Musik hat man selten gehört. Jeder der zahlreichen Ausbrüche folgt demselben kalkulierten Aufbau. Der Song ist ein einziges Geknüppel und bringt trotzdem keine Aggressivität und Druck rüber.

Dem Titeltrack geht es kaum besser, besonders zu empfehlen in Kombination mit dem Frankenstein-Musikvideo dazu. Dass Vanlerberghe besonders das Shouting technsich beherrscht, hilft ihm nicht, zu wenig trauen sich die Detroiter musikalisch selbst zu, sonst würden sie keine fette Produktionspatina auf alles schmieren. Das Songwriting ist so konservativ wie langweilig, es fehlt die Spiellust, die Freude am Variieren. "God" ist ein einziger Irrweg ohne jede Spannung, bei dem die Band eindrucksvoll demonstriert, wie wenig Gefühl sie für Metalcore aufzubringen vermag.

Als wäre das nicht genug, steht neben den schematischen Laut-/Leise-Songs und den monotonen Knüppeleien Metal-Schlager wie das besonders brunzlangweilige "Pray" und "Annihilate Me", in dem Gabe Helguera hilflos am Schlagzeug herumprügelt, als würde er Hilfs-Morsezeichen senden wollen. Diese Songs sind wie der Closer "Stay Away" kein getragener Metal Richtung Goth, sondern mit sinn- und emotionslosem Pathos gestopft wie eine Gans, dazwischen rauscht und rumort es mit Metal-Mitteln, ist aber eigentlich Schlager.

Jeder Einsatz von elektronischen Elementen leitet zuverlässig ruhige, verträumte Passagen wie auf "Rain" ein und geht wirklich jedes einzelne Mal daneben. Der Popmetal von "In Hell" ist schlecht, "Crimson & Clover" markiert einen Song ohne eine einzige in Erinnerung bleibende Eigenschaft, aber es kommt zumindest ein Fünkchen der Verdacht auf, dass die Band auf diesen Sound Bock haben könnte.

Trackliste

  1. 1. Synthetic Soul
  2. 2. NWO
  3. 3. Pray
  4. 4. Annihilate Me
  5. 5. Violent Nature
  6. 6. Rain
  7. 7. Into Hell
  8. 8. Crimson & Clover
  9. 9. God
  10. 10. Stay Away

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