laut.de-Kritik
Sein "Three Lions"-Hit ist hier meilenweit entfernt.
Review von Vicky Butscher"Wenn ich die Wahl hätte, würde ich eine Punkband machen. Eine Lederjacke anziehen und einen Höllenkrach machen - aber das kann ich nicht." Ian Broudie, besser bekannt als Kopf der Lightning Seeds, entschied sich stattdessen, Geschichten zu erzählen. Das steht ihm wesentlich besser, und scheint nebenbei weit zeitgemäßer als der "sugar coated" Pop, den er mit seiner alten Band hinlegte.
Solo klingt Broudies Stimme weit kantiger und rauer, während die Musik über weite Strecken in einem wolkenweichen Schwebezustand bleibt. Die Konstante in Broudies Musik findet sich im Inhalt. Immer noch dreht sich alles um die große Liebe, das Kribbeln im Bauch und den Schmerz, den ein gebrochenes Herz hinterlässt.
Trotz der Hinwendung zum Besinnlichen, die er gleich in den ersten Songs ausgiebig darbietet, zeigt Broudie schon mit "Smoke Rings", dass er die Beschwingtheit nicht aufgibt. Auch kann Ian seine Vergangenheit bei den Lightning Seeds nicht komplett verdrängen. Ausgerechnet der Titeltrack "Tales Told" erinnert an Broudies legendäre Band. Auch "Got No Plans" lehnt sich, vor allem in den Gesangsharmonien, die Broudie mit einem getragenen Akkordeon paart, ans frühere Schaffen an.
Das leichtfüßige "Lipstick" kommt mit präzise gespielten akustischen Gitarren, vibrierendem Bass und Glockenspiel daher. Dazu erzählt Broudie, wie im Albumtitel versprochen, eine Geschichte, windet sich in Erklärungen und muss am Ende doch "Goodbye" sagen. "Something Street" hingegen bedient sich einem Klavier, um eine schwirrende Stimmung aufzubauen, die dann klirrende und heulende Gitarren weiterführen. "That's how I feel", haucht der Sänger dazwischen und spinnt darauf seine Story in tiefem Bariton weiter. "Things aren't meant to end that way", verfällt er kurz darauf in eine höhere, klagende Tonlage. Langsam flirrt der Song dem Ende entgegen, bäumt sich noch einmal unter dem Druck des Schlagzeugs auf, bevor er endgültig ausklingt.
Aus der Einheit der Songs sticht besonders "Super Cinema" hervor. Er beginnt mit wunderbar starken Streichern, die sich in einen Marschrhythmus auflösen, um zusammen mit der tighten Gitarre an The Clashs "London Calling" zu erinnern. Ein kleines Juwel von einem Song, das zu seiner Schönheit keine Sekunde Gesang benötigt. Ian Broudie schafft mit dem ersten wirklichen Solo-Werk eine vielschichtige Platte, die entspannt ihren Mittelpunkt findet. Ein Meisterwerk des aufgeweckten Ruhens.
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