laut.de-Kritik
Legenden covern Klassiker.
Review von Ulf KubankeIan Paices Sunflower Superjam bildet eine lose Reihe von All Star Benefizkonzerten. Ähnlich wie bei Claptons "Crossroads"-Reihe geben sich namhafte Weggefährten die Klinke in die Hand. 2012 wurde die Veranstaltung erstmals einem reinen Charity-Publikum entzogen und öffentlich aufgeführt.
"Ian Paice's Sunflower Superjam - Live At The Royal Albert Hall" dokumentiert große Teile des Abends und präsentiert launige Legenden: Bruce Dickinson, Sandi Thom, Brian May, John Paul Jones, Uli Jon Roth, Brian Auger, Mark King und zur Krönung Golfmonster Alice Cooper bringen mit toller Mannschaft eine Show voll eigener Klassiker und erprobter Cover.
Schon der Anfang ist ein echter Höhepunkt. Tastenkönig Auger groovt sich mit Paice zwischen Jazz und Talking Blues ein. Darüber gießt Sandi Thom eine feurige Version von Dylans "This Wheel's On Fire" ("The Basement Tapes" 1968), die Onkel Bobs Original lässig das Wasser abgräbt. Das Lied ist einer jener seltenen Momente, in denen Paice recht deutlich seine Liebe zum Vorbild Buddy Rich verrät. Das geht ja gut los!
Die folgende Show lebt von ihren dramaturgisch gut angelegten Kontrasten. So fügt sich etwa der gewohnt souverän aufspielende Uli Jon Roth mit seinem Kleinod "The Sails Of Charon" hervorragend ein. Spätestens, wenn er mit Bruce den Thin Lizzy Klassiker "Emerald" klingen lässt, als stünden Iron Maiden mit Jimi Hendrix auf der Bühne, ist man gebannt von der einfallsreichen Spiellaune.
Ohnehin erweist sich Dickinson als besonders versierter Interpret. Wie ein verwundetes Raubtier erobert er "Behind Blue Eyes" und zeigt nebenbei noch schnell Fred Durst, wie man einen Psychosong der Who gefälligst zu bringen hat. Der Maiden-Frontman nutzt sein theatralisches Talent und lebt stimmlich jedes Wort des intensiven Textes. Keiner der Versammelten bringt an diesem Abend mehr Inbrunst auf die Planken der Royal Albert Hall. Sogar der abgenudelte Deep Purple-Evergreen "Black Night" holt sich mit Bruce etwas vom längst abgeblätterten Lack zurück. Chappeau, Mr. Maiden!
Brian May bleibt - etwa in der gelungenen Russ Ballard Hommage "Since You've Been Gone" - an diesem Abend recht unauffällig, aber sehr songdienlich. Jenseits der seit Jahren misslungenen Queen-Nachlassverwaltung wirkt er geradezu ungewohnt sympathisch.
Alice Cooper bietet hernach den würdevollen Höhepunkt. Freilich zelebriert der Veteran des musikalishen Horrortheaters seine eigene Minishow mit ebenfalls eigenen Tracks. Dabei profitieren "Elected" und "School's Out" ungemein von der Filigranität dieser Allstar-Truppe, die sich in bester "We're not worthy!"-Manier als Cooper-Backing-Band vor ihm in den Staub wirft. Ohne seine Rumpelkombo der letzten Jahre klingt Alice richtig gut.
Ein paar Wermutstropfen gibt es dennoch. Das unvermeidliche "Smoke On The Water" versinkt als Zugabe des gesamten Ensembles in vergniedelter Beliebigkeit und gesanglicher Überambition. Auch das zu nah am Rockismus gebaute "Rock And Roll" oder Kings unpassender Fremdkörper "Lessons In Love" führen zu Abstrichen bei der Gesamtbewertung.
Ian Paice selbst hingegen glänzt den gesamten Gig über uneitel und in wahnsinniger Bandbreite. Seine Fähigkeit, sich in jedem Augenblick auf die Individualität der geladenen Gäste einzustellen, ist schlichtweg beeindruckend. Jeder, der den Engländer bislang nur in der ewigen zweiten Reihe auf dem Zettel der Drummer-Ikonen hat, sollte sich dessen hier Variabilität zu Gemüte führen. Weiterhören mit Uli Jon Roths "Scorpions Revisited" sowie Jon Lords grandiosem "Concerto For Group And Orchestra", bei dem ebenfalls Bruce Dickinson eine herausragende Leistung abliefert.
1 Kommentar
Kann so was mir nur ganz selten entspannt anhören. Da mögen die Leute noch so gut sein, noch so bekannt, ist irgend wie ganz zäh wie kalter Kaffee für mich. Als der Kaffee frisch aufgebrüht gerade in die erste Tasse schwapte, da schmeckte er geil. Heute bäh.