laut.de-Kritik
Peter Pan hat viele neue Freunde.
Review von Oliver Lambrecht"Now you're from Barcelona too!" Keine 40 Minuten und die Herkunft ist eine andere. Schuld daran tragen I'm From Barcelona aus Jönköping, Schweden. 29 Menschen, die sich anschicken, die Kindheit zurückzuerobern. An vorderster Front steht mit der Gitarre am Mikrofon Emanuel Lundgren. "Let Me Introduce My Friends" heißt das Debüt und der Ankündigung folgen derer elf.
Elf Freunde für einen heißen Sommer, den folgenden goldenen Herbst, schneereichen Winter und kunterbunten Frühling. Elf Freunde, die man nicht mehr loslassen möchte, wenn sie erst einmal über die Ohren direkt ins Herz gewandert sind. Elf Freunde der Polyphonie, befeuert von Euphorie, verwirklichen Lied für Lied die Harmonie mit dem prägnantesten "Nanana" seit Opus. Spätestens an dieser Stelle bitte den Verstand aus- und das Herz einschalten, denn genau darauf zielt die Gruppe ab.
"We'll aim for the stars
We'll aim for your heart when the night comes
And we'll bring you love
You'll be one of us when the night comes"
(We're From Barcelona)
Treffer! Gerade als im Frühling die Blumenwelt in voller Blüte erstrahlte, kursierten diese Zeilen mitsamt Melodie als Video durch das Internet. "We're From Barcelona" heißt das Lied und nach einem kurzen Stirnrunzeln, was das denn nun zu bedeuten hätte, ertappt man sich dabei, wie der Kopf von links nach rechts zur Musik mitwippt. Bei der herzerfrischenden Wärme dieser Worte konnte der Sommer ruhig kommen. Und er kam, mit ihm auch Klinsi und dann gingen beide wieder, aber I'm From Barcelona sind geblieben.
Schließlich haben sie sich gerade erst ein "Treehouse" gebaut. Mit Platz für jeden. Mit "Nobody can see us, it's a you and me house" bieten sie sicheren Unterschlupf vor Schicksalsschlägen, schlechten Nachrichten oder fiesen Hänseleien.
Soll doch die coole Indiepolizei mit Lego oder Playmobil spielen. Die schwedische Rasselbande macht es Peter Pan gleich und weigert sich standhaft, erwachsen zu werden ("This Boy"). Lieber verdingen sie sich mit der Badabababa-Briefmarkensammlung. So ba-ba-ba-na-nal die Texte auch sein mögen - die Themen drehen sich nüchtern betrachtet um den Alltag eines Kindes - zwischen den Zeilen erstrahlt Großartiges. Lundgren gelingt es durch phantasievollen Kinderaugen auf die triste Erwachsenenwelt zu blicken.
Dabei bedient er sich der einfachen Worte, die durch die Kehlen der restlichen 28 zu Hymnen reifen. Sie schmieden Fluchtpläne mit Ukulelen-Begleitung ("Jenny"), verfluchen beim Glockenspiel das Verschlafen ("Oversleeping") und schreiben mit Schwung allen ins Poesie-Album: "Barcelona Loves You". I'm From Barcelona machen selbst vor den Windpocken ("Chicken Pox") nicht halt und setzen sich musikalisch ans Bett derer, die sich mit dieser Krankheit rumschlagen, denn "You can't have it once you've had it".
Wer nicht genug von (den) Schweden bekommen kann, darf sich, gleich nach dem melancholischen "The Saddest Lullaby" ("I can't remember what I did, I fell asleep and wet my bed") noch über einen Hidden Track in schwedischer Sprache freuen. Aber dann ist das Pop-Nimmerland schon durchwandert. Doch I'm From Barcelona haben mit Rec & Play die Lösung parat:
"Please press my rec and play
'cause I want to save this moment
This will be my favourite song
This will be my favourite album."
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