laut.de-Kritik

Die Instagram-Reels der Musiklandschaft.

Review von

Imagine Dragons - was will man groß sagen. Seit mittlerweile 16 Jahren spielen sie ihren Stiefel herunter, treten die Tür mit beiden Füßen ein und wuchten einem Gefühle wie Baseballschläger ins Gesicht. Subtil geht anders, das Genre "Rock" ebenfalls, unfassbare Erfolge feiern sie trotzdem.

Kleinere Glanzstücke verbuchen sie aber auch, etwa den Titeltrack "Enemy" für die Netflix-Animationsserie "Arcane" aus dem "League Of Legends"-Universum. Ihren musikalischen Maximalismus frönten die Dragons zuletzt mit den beiden Mercury-Akten auf sage und schreibe insgesamt 30 Songs. Hartes Brot.

Ihr sechstes Album "Loom" hat mit dem schwedischen Duo Mattmann & Robin die gleichen Produzenten wie zurückliegendes Doppelalbum, weist jedoch mit lediglich neun Tracks unter 30 Minuten Spielzeit auf. Leider liefern sie auch hier zu wenig Qualität.

Zugute halten muss man den Mannen aus Las Vegas, dass sie sich musikalisch ausprobieren und diverse Einflüsse nutzen. Blöd nur, dass diese nicht angestaubter sein könnten und man zum alten Steve Buscemi im "How do you do, fellow kids?"-Meme verkommt. Der Wohlstandspop "Nice To Meet You" plätschert kantenlos vor sich hin. Das trotzige "Take Me To The Beach" versprüht die Atmosphäre eines Gymbro-Ausflugs an den Strand, bei dem man sich im Sitzkreis Mut zuruft und männlich auf die Brust klopft. Abgedroschene Lines garnieren die Szenerie: "Ah-ah-ah, you could have the mountains / Ah-ah-ah, you take the snow / Ah-ah-ah, it's way too cold / My heart is cold enough".

"Don't Forget Me" verschmelzt die späteren 30 Seconds To Mars mit Coldplay samt schicksalschwangeren Drums und larmoyantem Vortrag. Die Gorillaz bekommen ihre Hommage in "Kid", die zwar die Zeit von "Demon Days" durch markante Basslines und filter-verzerrten Vortrag heraufbeschwört, jedoch im bloßen Abschreiben verharrt.

Den Vogel schießt aber "Gods Don't Pray" ab. Ein kruder Mix aus Reggae, Lo-Fi-Sounds aus der Retorte und selbstredend Dan Reynolds aufgebauschtem Gesang. Warum muss immer alles erzwungen, gepresst und nach unnötiger Dringlichkeit klingen? Und dazu noch die lapidare Message von der fehlenden Vertrauenswürdigkeit der Großen und Mächtigen, weil die haben für ihren Status ja böse Dinge getan? Eine Albernheit, die aus dem vehementen, breitschultrigen Habitus herrührt, unbedingt cool sein zu wollen und Aufmerksamkeit zu erhaschen.

Der Trademarksong "Eyes Closed" verkörpert dies eindrucksvoll: melodramatisch, viele Dämonen werden bekämpft, corny gerappte Lines. Warum setzt man dazu noch klapprige Dubstep-Sounds in den Post-Chorus? Die Version mit J Balvin klingt dank motivierter Performance bedeutend besser.

Zwei Highlights hat das Quartett trotzdem noch zu bieten, und nicht durch Zufall sind es balladeske Nummern. "In Your Corner" transportiert hübsche Streichermelodien, Schlagzeug und einen schüchternen Kinderchor. Selbst Dramatik schwingt sich glaubhaft statt mit brachialer Gewalt empor. Das letzte Stück "Fire In These Hills" zückt indes 2-Step-Breakbeat, Saxophon sowie Piano und bildet einen feinsinnigen, sanften Abschluss, obwohl es Dan auch hier nicht lassen kann, sich weidwund in Emotionen zu wälzen.

Letzten Endes verhält sich "Loom" zur Musiklandschaft wie Instagram Reels zu TikTok. Alle Trends letztgenannter Plattform kommen zeitverzögert zur anderen, sodass auch Boomer Spaß daran haben können. Imagine Dragons spielen nicht mit dem Zeitgeist, sondern hinken maßlos hinterher, was schade ist, weil es nur etwas mehr Kreativität und Schweiß bräuchte. Doch es gilt die Devise: stumpf ist Trumpf.

Trackliste

  1. 1. Wake Up
  2. 2. Nice To Meet You
  3. 3. Eyes Closed
  4. 4. Take Me To The Beach
  5. 5. In Your Corner
  6. 6. Gods Don't Pray
  7. 7. Don't Forget Me
  8. 8. Kid
  9. 9. Fire In These Hills

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7 Kommentare mit einer Antwort

  • Vor einem Tag

    machts besser. also schreibt, recorded, mixt, mastered und vermarktet euren krempel mal wie der junge aus los angeles. wenn ihr dann mehr usd gemacht habt als der, dann gebe ich demjenigen ein brocken resepekt. wusstet ihr, dass drake 5% des BIP von Toronto macht mit musik? real rap

  • Vor 23 Stunden

    Die Imagine Dragons kommen hier bei laut.de meiner Meinung nach zu Unrecht oft ganz schlecht weg.
    Dieses Mal muss ich der Rezension jedoch in großen Teilen zustimmen: dieses Album ist erschreckend schwach!
    Es klingt erstaunlich blutleer, ist insgesamt ziemlich einfallslos, bis auf zwei wirklich gute Songs ("Don't forget me", "In your Corner") ist im Grunde nichts dabei, was im Gedächtnis längerfristig hängenbleibt. Als hätte man unveröffentlichte, übrig gebliebene Songs aus früheren Sessions hier verzweifelt resteverwertet.
    Kaum zu glauben, dass die Dragons zwei Jahre für diese belanglose Produktion gebraucht haben - da ist wahrlich so gut wie nichts dabei, was man nicht schon mal auf einem anderen Dragons-Album (deutlich besser!) gehört hätte.
    Bezeichnend auch, dass LOOM gerade mal 9 neue Songs beinhaltet und nicht mal eine volle halbe Stunde Spielzeit hat.
    Das mit Abstand schwächste Album der Dragons bislang!
    Sehr enttäuschend!