laut.de-Kritik
Das Augenmerk liegt auf Bruce Dickinson.
Review von Ulf Kubanke"Ich hatte Krebs., ich bekam Chemo und Bestrahlubng. Danach hatte ich fast Angst, wieder ins Licht zu treten, weil ich so lang an diesem dunklen Ort war. Am Ende fand ich aus dem Loch heraus und dachte: Das Leben ist einfach erstaunlich." Bruce Dickinson lässt dieser Erkenntis Taten folgen, packt das Leben mit beiden Händen bei den Teufelshörnern und unternimmt nach auszehrender Krankheit und ebensolcher Behandlung mit Iron Maiden 2016/2017 ihre mit Abstand größte Welttournee seit 30 Jahren. Das beeindruckende Ergebnis präsentieren sie nun in Form von "The Book Of Souls: Live Chapter".
Es ist wohl den Umständen geschuldet, dass die Aufmerksamkeit von Fans wie Medien dieses Mal weit stärker auf Maidens Frontman ruht, als sonst. Erfreulicherweise reagierte die Öffentlich fast ausschließlich mit Liebe und kaum mit dem sonst zu oft einhergehenden Voyeurismus. Dickinsons Performance bietet für letzteres auch keinerlei Raum. Kraftvoll, leidenschaftlich und mit einem Händchen für perfektes Metal-Theater serviert er fast 120 Shows in knapp 40 Ländern.
Die besten Momentaufnahmen versammeln sich auf diesen 15 Tracks von Wacken bis Tokyo. Nicht selten birgt so eine gepuzzelte Vorgehensweise das Risiko der gegenüber einem Komplettgig verebbenden Dramaturgie. Nicht so bei Maiden! Handwerkliche Souveränität und tiefer Respekt vor dem Publikum garantieren in jeder Phase der Tour konstante Spannung.
Zwei rote Fäden ziehen sich durch diese buntmetallische Perlenkette. Zum einen das obligatorische "Scream for me!" als längst unveränderliches, liebgewonnenes Kennzeichen. Zum anderen fahren sie ganze sieben Tracks ihres hervorragenden letzten Studioalbums "The Book Of Souls" auf. Besonders die beiden über zehnminütigen Nummern, das Titelstück sowie "The Red And the Black", sollte kein Freund ihrer epischen Tracks verpassen. Einziger Wermutstropfen: Ausgerechnet das herausragende Kleinod "Empire Of The Clouds" fehlt auf den Setlisten; folglich auch hier.
"Ich liebe Plätze, an denen man einsam sein kann. Ich mag dunkle und komplett stille Räume." Ganz anders sieht das Dickinsons Bühnencharakter in "Fear Of The Dark". Nicht umsonst ist der Song ihre melodische Speerspitze und klingt noch genauso frisch wie vor 25 Jahren. Auch die Auswahl weiterer Klassiker wie "The Trooper" oder das mit charismatischer Hook gesegnete "Wasted Years" fügen sich nahtlos ins Gesamtbild ein.
Ein schönes Detail: Mit "Iron Maiden" vom gleichnamigen Debütalbum ist auch die Anfangsphase der Band vertreten. Ebenso erweisen sie einem ihrer besten Werke, dem Reunion-Album "Brave New World" die Ehre. Dessen Highlight "Blood Brothers" fungiert on Stage stets als große, emotionale Umarmung der Crowd und wirkt auf dieser Tour sogar noch inniger als früher.
Nicht nur weil auf den Wacken-Wiesen sonst nur Kühe und Schafe stehen, passt der Zuschlag für die Zahl des Tieres. "The Number Of The Beast" stammt von ihrem dortigen Headliner-Auftritt aus dem Jahr 2016. Es ist erstaunlich, wie munter und zeitlos die Engländer ihre ewige Visitenkarte auch nach über 35 Jahren präsentieren. Die hier zur Schau gestellte Vitalität ist dermaßen einnehmend. So etwas schaffen nur die Besten unter den besten Livebands weltweit. "666 the number of the beast./ Hell and fire was spawned to be released."
1 Kommentar
Hier hervorzuheben, dass der Song "Iron Maiden" gespielt wird, halte ich für unnötig, angesichts der Tatsache, dass dieser Song grundsätzlich immer auf jedem Maidenkonzert das Ende des regulären Sets markiert. So gibt es diesen bereits in gefühlt 137 verschiedenen Liveversionen.