laut.de-Kritik
Belles Stimmchen klingt zu oft überfordert.
Review von Alexander CordasIm Januar wars. Da verliebte ich mich spontan in Isobel Campbell und war eifersüchtig auf Mark Lanegan. Mit ihm spielte sie "Ballad Of The Broken Seas" ein und mutierte nach und nach zum Dauergast in meinem Player. Die Kombination aus Lanegan'schem Brummbärentum und der Campbell'scher Zerbrechlichkeit war wohl die schönste Duett-Kooperation der letzten Jahre. Einfach herrlich. So durch die Emotions-Mühle gedreht, erwartet man nichts weniger als ein weiteres grandioses Album.
Isobel gibt sich auch reichlich Mühe, den hier vorliegenden Folk-Songs die typische Campbell-Säuselnote zu verpassen. Doch während das Material des oben genannten Albums von der einzigartigen Melange von Elfen- und Ork-Gesang lebte, bleibt Isobel in den hier vorliegenden 14 Songs meist in einem seltsamen Limbus hängen. Sicher, die Kompositionen versprühen den lieblichen Charme der Ex-Belle, aber nach einer Dreiviertelstunde konstanter melancholischer Kopfstimmenakrobatik lechzt man doch mehr als nur dezent nach etwas mehr Abwechslung.
Natürlich ließe sich ein ganzer Aufsatz mit rosaroten Attributen füllen, um Campbells Unterfangen zu beschreiben, sich durch Folkiges zu flöten. Irgendwann ist es dann aber auch gut mit Räucherstäbchensound. Hinzu kommt, dass die Reduktion der Instrumentierung Isobells Organ eine allzu tragende Rolle zukommen lässt, dem ihr Stimmchen leider allzu oft nicht gewachsen ist. Lo-Fi in allen Ehren, nur zittert sie sich ohrenscheinlich allzu oft über die Runden. Der Eindruck, der gesamte Song stürze gleich in sich zusammen, falls sie nur noch eine weitere Note singt, drängt sich an zu vielen Stellen auf.
"Yearning" und der eigentlich recht schöne "Willow's Song" von Paul Giovanni verdeutlichen die Überforderung der Sängerin. Letzterer erfuhr schon einige Male eine Neubearbeitung. Besonders hörenswert: Die Sneaker Pimps-Version von 1996. Das lässt man sich gerne gefallen, wenn die Dame mit Akustikgitarre bewaffnet nackend auf dem Bett sitzt und für einen selbst singt, auf Tonträger braucht man das nicht zwingend, zumal die Blockflöte im Hintergrund fudelt wie während der Uraufführung eines Stücks der Flöten AG in der Grundschule.
Schade Isobel, wir hätten ein schönes Paar abgeben können. Aber "Milk White Sheets" ist mir dann doch mindestens eine Nummer zu dröge.