laut.de-Kritik

Der Vorwurf des ewig Gestrigen wird zum Kompliment.

Review von

Drei Jahre ist es her, dass James Pants Debüt "Welcome" die Kritiker verzückte. Damals feierte das Feuilleton die verschrobenen Exzesse des Stones Throw-Signings als fundamentale Originalität. Dabei bot Pants Erstling nicht viel Neues: Die Zusammensetzung verschiedener, längst da gewesener Stile ohne Rücksicht auf Zeit und Mode war die eigentliche Sensation.

Auf dem selbst betitelten, mittlerweile dritten Album des US-Amerikaners hat sich an dieser Herangehensweise nichts geändert. James Pants vereint Boogie, Krautrock, Synth-Pop, Funk und Electronica zu einem experimentellen Shoegaze-Gemenge, das völlig unabhängig von Raum und Zeit funktioniert. Als hätten die 70er und 80er nie geendet, zeigt "James Pants" allen Verfechtern von Entwicklung und Moderne den Mittelfinger. Mehr noch: In ihrer routinierten Coolness erhebt die Platte den Vorwurf des ewig Gestrigen zum Kompliment.

James Pants ist das zur Musik gewordene Beispiel der Entschleunigung. Von der ersten Sekunde beginnt ein Fluss, der erst nach knapp 45 Minuten sein Ziel findet. Wozu auch Highlights oder Spannungsbögen? Die bloße Unaufgeregtheit ist Aufregung genug – ein nahezu geniales Konzept.

Langeweile kommt dabei zu keiner Sekunde auf. In nur wenigen Momenten durchbricht Pants das Geflecht aus groovenden Bässen, effektschwangeren Gitarren und gezielt eingesetzten Synthies. Beispielsweise wenn Lucrecia Dalt in "Clouds Over The Pacific" zur Seite springt und ein einnehmendes Poplied in eine kurze Synthie-Arie ausartet.

Oder wenn "Strange Girl" entgegen aller Gepflogenheiten von Sekunde zehn ab mit treibendem Bass nach vorne geht – und im krassen Gegensatz dazu eine monotone, übersteuerte Gitarre steht. Ähnliches gilt für den Crooner "Darlin'", wo Handclaps in düsterer Stimmung auf einen flotten Bass und eine schwungvolle Melodie treffen, die gleichzeitig Melancholie wie Aufbruch weckt.

Während "Kathleen" mit Slapbass in Richtung Funk strebt und "These Girls" mit schiefen Wah-Wah-Synthies die schlimmsten Zeiten der 1980er in die Gegenwart zu holen droht, wirkt Pants mit seinem hallenden Gesang wie der Retter vor dem käsigen Allerlei, der diverse Ü-Parties in Wallung bringt. Nein, diese Platte hat trotz ihrer sturen Rückwärtsgewandtheit nichts verloren auf den erzwungenen Weltschmerzfeiern dieser Republik. Diese Scheibe ist der stimmungsvolle Rückblick auf die Zukunft.

Trackliste

  1. 1. Beta
  2. 2. Every Night
  3. 3. Clouds Over The Pacific
  4. 4. A Little Bit Closer
  5. 5. Strange Girl
  6. 6. Screams Of Passion
  7. 7. Incantation
  8. 8. Kathleen
  9. 9. Body On Elevator
  10. 10. Darlin'
  11. 11. Alone
  12. 12. These Girls
  13. 13. Dreamboat
  14. 14. Epilogue

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