laut.de-Kritik
Kokett und mondän wie ein Revuefilm.
Review von Erich RenzEs brennt die Frage unter den Nägeln, welche "Eine Frau" das denn sein soll, die Jasmin Tabatabai porträtiert. Eine Antwort darauf gibts nicht, mindestens aber elf Perspektiven, aus denen sich die Deutsch-Iranerin sehnsüchtig und selbstbestimmt meldet.
Sie ist die Stellvertreterin all jener, die sich fragen, ob Liebe denn Sünde sein kann oder warum man denn kein Verhältnis haben soll. Der Tausendsassa David Klein hat dazu swingende Neukompositionen erstellt und alte Jazz-Standards aufgehübscht, die von diversen Solisten und den Streichern des Sinfonieorchester Basel veredelt wurden.
Wenn Tabatabai singt, gleitet sie wonnig zurück in die Goldenen Zwanziger. Ihre Interpretationen kritteln nicht, sondern sind kokett und mondän wie ein Revuefilm. Dort war es gang und gäbe, singende Schauspieler vor Augen zu haben. Wie passend, dass ihr zweites Standbein der Film ist. So kann man sie sich vorstellen, ein bisschen wie die Knef, etwas von der Dietrich - aber nicht zu nostalgisch werden. Sie selbst nennt "Eine Frau" liebevoll ein "modernes Liederalbum" und hält es bestens geeignet für den Hausputz.
Nichts mehr übrig von dem, was die Bandits waren, ja was Jasmin Tabatabai selbst auf ihren vorherigen Soloalben "Only Love" und "I Ran" ausmachte. "Mit Jazz ist es viel elaborierter, also differenziert ausgebildeter", bekennt sie und verabschiedet sich von der holden Jugend, den wilden Zeiten, dem Stage Diving. Ihr reifer Gesang bündelt die Lebenserfahrung einer Vierzigerin, die sie heute ist.
Mit Reinhard Mey, Edith Jeske oder Kurt Tucholsky stehen nicht nur ausgesuchte Textdichter Pate. Kompositionen wie "Augen In Der Großstadt", "Kann Denn Liebe Sünde Sein" und "Nimm Ihn Dir" rücken - reihum Klarinette, Vibraphon und eine Hammond Orgel - die Sängerin in dem Mittelpunkt. Es beweist, dass sie nicht ein Alleinstellungsmerkmal besitzt. Die Qualität der einzelnen Instrumentenbeiträge ist tadellos.
In "Ich Weiss Nicht Zu Wem Ich gehöre" singt Tabatabai andächtig zur Musik Friedrich Hollaenders: "Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre / Ich bin doch zu schade für einen allein / Wenn ich jetzt gerade dir Treue schwöre / Wird wieder ein anderer ganz unglücklich sein / Ja, soll denn etwas so Schönes nur einem gefallen? / Die Sonne, die Sterne gehören doch auch allen." Daneben tritt eine gedämpfte Trompete auf, die hinter vorgehaltener Hand den schönsten Titel des modernen Liederalbums empfiehlt.
Die Quintessenz des weiblichen Befindens steckt in "Menschen Die Sich Lieben". "Ich möchte glücklich sein", heißt es da. So soll es sein.
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