laut.de-Kritik
Naidoos schleimiger Gesang trieft wie das Fett aus dem Döner.
Review von Mathias MöllerJazz ist die Freiheit, viele Formen zu haben, heißt es im Intro von "Unbegrenzt Haltbar". Das Kollektiv nimmts wörtlich. Leider kommt dabei nichts Neues heraus. Die vielen Köche verderben den Brei ohne Verfallsdatum zwar nicht, leider ist aber auch kein musikalischer Jamie Oliver dabei, der ein bisschen frischen Geschmack in die Töpfe der Jazzkantine bringt. So bleibt es beim alten Rezept: handwerklich guter Jazz mit mittelmäßigen Raps. Höhepunkte sind hier die weiblichen Gastauftritte.
In "Mr. Top Of The Pops" schwärmt die britische Sängerin Sam Leigh Brown von Kollege Mr. Robbie Williams auf eine charmante, unaufdringliche Weise mit samtweicher Stimme auf einer noch smootheren Melodie. Das klingt fast schon wie Lounge-Musik. Etwas gewöhnungsbedürftig ist das biographische "Prussian Girl", Jazz mit einer Prise Reggae und Shirley Bassey-likem Gesang. Leider entsteht hier kein Reggae-Groove wie zum Beispiel bei Seeed. Pat Appleton von De-Phazz säuselt "Dans La Vague", was im De-Phazz-Remix definitiv zum Höhepunkt der Platte avanciert. Die Jazzer jammen über Afro-Beats, dazu der französische Gesang Appletons. Hier passt's.
Die männlichen Vokalisten, vor allem Tachiles und Cappuccino, übernehmen bei der Jazzkantine traditionell die Raps. Sie quatschen sich durch "Mic & Bühne", immerhin: "Der Bass Ist Am Pumpen". Tachiles ist der unterhaltsamere Rapper, beide kleben leider in Sachen Skillz an den Anfangstagen des Deutschrap. Aber vielleicht passt das ja zum Jazz der Kantine. Cappuccino beweist sich auch hier als eher mittelmäßiger Rapper, auf seinem "Zurück Auf Die Insel" toastet er ganz passabel, die Lyrics gehören zu den witzigsten, die man von Capu je gehört hat.
Die beiden smoothen Solonummern von Tachi, "Regen" und "Alarm, Alarm" taugen dagegen gut zum Kuscheln vor der Stereoanlage. Mit zwinkerndem Auge erzählt der Deutsch-Türke mit seinem Kollegen Bektas in "Ali & Ahmet" vom Leben von türkischen Migranten in Deutschland. Gar nicht geht hingegen der schlimme Schmachtfetzen "Schmetterling" von Xavier Naidoo. Sein schleimiger Gesang trieft wie das Fett aus dem Döner. Wie man richtig rappt, zeigen Ischen Impossible, eine Female-MC-Crew, in dem sie fordern: "Hände Hoch".
Bei der Jazzkantine gilt das, was schon immer galt: musikalisch ist auch "Unbegrenzt Haltbar" über jeden Zweifel erhaben, vor allem Gitarrist Tom Bennecke und Dauergast-Trompeter Joo Kraus beweisen sich mal wieder als Solisten par excellence. Besondere Stärken hat die Jazzkantine, wenn es funkig wird, wie bei "Mic & Bühne", oder "Kohldampf". Leider wirken die Rapper manchmal wie lästiger Ballast.
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