laut.de-Kritik

Jeff Lynne setzt uns in die Zeitmaschine.

Review von

Jeff Lynne sieht aus wie aus der Zeit gefallen. So klingt auch seine Musik: Der Kopf des Electric Light Orchestras hat seinen Sound längst gefunden. Die Drums-, Gitarren- und Vocalproduktionen des aktuellen Albums - die ersten neuen Tracks seit 14 Jahren - tönen im Prinzip wie vor 25 oder 30 Jahren.

In jenen Tagen rückte Lynne beispielsweise die Traveling Wilburys oder auch die Soloplatten von George Harrison und Tom Petty ins rechte Licht. Nach der Auflösung von ELO 1987 ließ er die Band, die seit 1970 bestand, nach rechtlichen Streitigkeiten anno 2000 solo wieder aufleben. Seit 2012 firmiert er unter Jeff Lynne's ELO.

Angesichts einer solch langen Historie - wir reden hier von 50 Millionen verkaufter Platten - kann es schon passieren, dass einem die ein oder andere Melodielinie bzw. Akkordfolge bereits begegnet ist. Man denkt mal an die Beatles oder erinnert sich an frühere ELO-Songs. Lustig nur: Das stört einen weniger als man denken könnte, hört man sich den melancholischen Schunkler "When I Was A Boy" an.

Die Single präsentiert sich als wohl temperierte Komposition mit diesem ganz speziellen Lynne'schen Backbeat zwischen Pop, Rock und Klassikanleihen. Der zieht sich wie ein roter Faden durchs Album: Gleißend perlende Tracks zwischen cleanen Gitarren, Piano und Streichern, mal im schneller rockigeren Tempo ("Ain't It A Drag"), moderat ("When The Night Comes"), langsam ("Alone In The Universe") oder einfach nur altmodisch ("I'm Leaving You").

Da eckt nichts an, da regt nichts auf, es gibt keinen schrägen Ton, keinen Fehler. Lynnes Songs laufen wie geschmiert. Es stellt sich eigentlich nur eine Frage: Cheesy ("All My Life") oder unpeinlich ("Love And Rain")?

Drei Songs geben eine Antwort: "The Sun Will Shine On You" "Dirty To The Bone" und "One Step At A Time" sind einfach nur stark gemacht. Jeff Lynne weiß schlicht, wies geht, man hört es sofort. Dazu macht er alles selbst. Komponieren, arrangieren, texten, singen, produzieren, er spielt Gitarre, Bass, Drums und Keys. Das war schon beim etwas rockigeren Vorgänger so (von einigen Gästen ab gesehen) und nötigt weiß Gott Respekt ab.

Abseits davon hat Lynnes ELO etwas anzubieten - eine Auszeit, eine Welt ohne Stress. Seine Songs kommen Kurzausflügen in eine andere Zeit gleich: "When I as a boy I had a dream / All about the things I'd like to be / Soon as I was in my bed / Music played inside my head / When I was a boy I had a dream", singt er im Opener. Schön, wenn Träume wahr werden.

Trackliste

  1. 1. When I Was A Boy
  2. 2. Love And Rain
  3. 3. Dirty To The Bone
  4. 4. When The Night Comes
  5. 5. The Sun Will Shine On You
  6. 6. Ain't It A Drag
  7. 7. All My Life
  8. 8. I'm Leaving You
  9. 9. One Step At A Time
  10. 10. Alone In The Universe

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14 Kommentare

  • Vor 9 Jahren

    Habe mir das Album seit letzten Freitag mehrmals angehört, habe immer wieder gehofft das der Funke doch noch überspringt aber leider nicht. ELO ist und bleibt eine meiner Lieblingsbands, wegen zeitlosen Liedern, man muss sie jetzt nicht aufzählen wer sie kennt kennt sie wer nicht verpasst was usw. Aber dieses Album ist einerseits zu langsam, bei älteren Alben haben sich die schnelleren und die langsameren Lieder immer abgewechselt, was abwechslungsreich war und der Platte die nötige Stimmung verliehen hat. Aber darüber hier kann ich in Betracht der alten Großtaten nur traurig mit dem Kopf schütteln, ich befürchte sogar dass das mit der alten Besetzung Bev Bevan am Schlagzeug usw. und dem Rest der üblichen Verdächtigen auch zu so etwas langsame Rentner-Rock verkommen wäre. Um mich kurz zu fassen ;-) , wer eine Einschlafhilfe braucht weil gerade keine Schlaftabletten zur Hand sind empfehle ich dieses Werk der gähnenden Langeweile, garantiert und dass sage ich jetzt ohne Untertreibung langweiliger als XANADU!

  • Vor 9 Jahren

    Yep, muss dem Inspektor beipflichten. Man erkennt ELO, irgenwie hat man jedel Lied jeden Rhythmus schon mal gehört. Aber alles uninspiriert ohne Seele, auch bei mir kein Funke in Sicht.

  • Vor 9 Jahren

    Ich habe "Alone in the Universe" mehrmals, auch ganz genau mit Kopfhörer gehört. Dieses Album ist genauso ein Meisterwerk wie seinerzeit "Out of the Blue"! Leider nehmen sich viele Menschen heute nicht mehr die Zeit ein Album in aller Ruhe auf Kopfhörer zu hören. Aber erst dann hört man die kleinen Soundeffekte und Beilagen, die die Songs so richtig rund machen. Ich habe festgestellt, die dieses Album ohne weiteres unmittelbar auf "Secret Messages" folgen könnte. Beim genauen hinhören stellt man die Nähe zu diesem Album von 1983 fest, die Gitarren, die Synthies, die kleinen Effekte nebenbei usw.. Es ist so, als wären "Balance of Power" und "Zoom" viel später erschienen.
    Anscheinend gibt es viele die den alten "Out of the Blue" Zeiten nachweinen; denen sei gesagt, das Jeff Lynne sich schon durch seine Produzententätigkeit weiterentwickelt hat, dazu die Arbeit mit den "Wilburys", egal ob Band oder mit den Einzelmusikern, jeder hat Jeff Lynne beeinflußt. "Out of the Blue" ist Geschichte, und zwar mit dem letzten Ton auf "Wild West Hero". Zeigt mir eine Band, die heute so klingt, wie zu Anfagstagen, dann müßten ELO heute noch nach "10538 Overture" klingen. Jeff Lynne war immer der Kopf von ELO und die Studioarbeit hat er früher schon manchmal ganz alleine gemacht. Beispiel: "Dont bring me down"

  • Vor 8 Jahren

    Hallo allerseits, ihr kennt mich ja sicher aus anderen Musikforen. Ich bin großer Musiksammler, aber Jeff Lynne ist wohl Steckenpferd Nummer Eins. Deshalb juckt es mich immer in den Fingern, wenn jemand etwas über ELO schreibt, speziell wenn ich es so ganz anders sehe.

    Demnächst werde ich hier also das Eine oder Andere kommentieren, je nachdem wie ich Zeit habe.

    Alle Jeff Lynne/ELO-Fans weise ich aber schon mal auf meine beiden ebooks "Eldorado" und "Eldorado Part Two" zu Jeff und ELO hin, die man bei amazon kindle kaufen kann und bis dato wohl die umfangreichste Abhandlung (inklusive Exklusivinfos) darstellen. Schauts euch mal an:

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  • Vor 8 Jahren

    Hallo Inspektor, hast du dich schon mal über das Konzept von AITU informiert? Dann würdest du wissen, dass Jeff Lynne sicher keine Rockscheibe im Sinn hatte. Ich sehe die Stärke des Albums eben gerade darin, dass es das erste ELO-Album ist, dass den Fokus fast nur auf langsamere oder sanft groovende Sons legt. Dadurch ergibt sich eine ganz andere Dramaturgie. Zum Abrocken ist dieses Album ja gar nicht gedacht. Der erste Song erklärt es doch: Ins Bett legen, Kopfhörer auf, wegdriften. Und am nächsten Morgen dann "Get Up" mit Bryan Adams auflegen, in der Tat so etwas wie das Gegenkonzept.

    Wie jemand geschrieben hat, erinnern mich gleich mehrere Stücke an die ruhigeren Nummern von "Secret Messages".

  • Vor 7 Jahren

    Jeff Lynne könnte auch der 5. Beatle sein. Er hat diesen Style und Sound so verinnerlicht das es auch nicht verwundert das er mit 3 der restlichen Beatles paar sehr erfolgreiche Songs produziert hatte.
    Mir fehlen in seinem aktuellsten Album moderne Elemente, es klingt wirklich alles wie 30 Jahre zurück, immer irgendwie gleich und natürlich auch immer bisschen wie ELO in den Anfängen.
    Jeff Lynne kann singen und er weiss natürlich aus dem FF wie man Songs produziert aber seine One-Man-Show hängt irgendwo in einer Zeitschleife fest und schafft es nicht etwas für die aktuelle Zeit und den veränderten Hörgeschmack zu bieten.