laut.de-Kritik

Dark Crooner mit Blues und Tapes.

Review von

Wer im Hinterhaus der gemütlichen Gaststätte Fraunhofer samt Theater und des alternativen Werkstattkino im sonst eher elitären München aufgewachsen ist, bekommt wahrscheinlich diesen speziellen lässigen Zugang zur Kultur und Kunst, den man bayerischen Blues nennen kann: Jesper Munk, Jahrgang 1992 und bereits viel getourter und gehypter Künstler, veröffentlicht nun sein bereits sechstes Album, das er zugleich als Annäherung wie Versöhnung mit seinem Frühwerk verstanden wissen will.

Am Anfang seiner Laufbahn als "Blues-Wunderknabe" oder "Blues-Erneuerer" gelabelt und irgendwo zwischen den White Stripes und The Black Keys mit seinem Indie-Erstling "For In My Way It Lies" einsortiert, spielt er gegen diese Kategorisierung an. Und trotz seines immer noch jungen Alters blickt der Deutsch-Däne demnach wie ein Oldie auf Dinge und Klischees wie Starrummel und Sinnkrisen, Eskapaden und Eskapismus zurück – zusammengefasst in dem nostalgisch wie neu zusammen gesetzten Titelwort "Yesterdaze".

Fünf Jahre hat er sich nach seinem letzten Cover-Album "Taped Heart Sounds" mit Interpretationen seiner Heldinnen und Helden wie Etta James, Hank Williams oder Tom Waits Zeit gelassen und präsentiert sich hier mit eigenen Songs als Crooner zwischen Cigarettes After Sex, Richard Hawley und Prince. Die Songs sind smoother Neo-Soul, verschlafener Slow Wave, edler Barock-Pop und cooler Chanson zugleich – dabei immer Nostalgie verströmend und seltsam schön aus der Zeit gefallen.

Songtitel wie "Scotch Bonnet" oder "Champagne Shoes" lassen einen obendrein an verrauchte Bars und verruchte Kerle wie Frank Sinatra oder Humphrey Bogart denken, nur dass sie hier halt im Glockenbacher Viertel Münchens in einem Wirtshaus abhängen und ihrer Melancholie nachhängen. Der Polaroid-artige schwebende Vintage-Sound entstand durch die spezielle Aufnahmeweise zusammen mit seiner Begleitband The Cassette Heads auf Tape, jener Tascam 488 MKII im Übrigen, mit der auch Mac DeMarco gerne gearbeitet hat. Verspult, verstaubt und verschwommen – das ist der Dreiklang von "Yesterdaze", das Zeit fordert und diese Anhörzeit auch verdient.

Trackliste

  1. 1. Yesterdaze
  2. 2. Tiny Heart
  3. 3. Rush
  4. 4. Ivory Tower
  5. 5. Not to Lie
  6. 6. Dressed
  7. 7. Champagne Shoes
  8. 8. Greenscreen
  9. 9. Hold on Me
  10. 10. Bearing Gifts
  11. 11. Scotch Bonnet
  12. 12. Neon Blood

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