laut.de-Kritik
JOE 2.0: Neustart mit bezaubernder Sängerin.
Review von Michael EdeleNeustart ist das Gebot der Stunde. 2011 ist das Jahr, in dem Chai Deveraux mit Jesus On Extasy 2.0. entweder komplett neu durchstartet – oder für immer in der Versenkung verschwindet. "The Clock", das erste Album nach der fast kompletten Bandflucht im Lager von JoE, muss es richten und den schwer angeschlagenen Kahn wieder auf Kurs bringen.
Das Steuer hat Gitarrist, Produzent und Komponist nach dem Abgang von Sänger Dorian mittlerweile fest in der Hand. Damit lastet allerdings auch die alleinige Verantwortung auf seinen Schultern, was noch einmal zusätzlichen Druck mit sich bringt. Und wie geht er damit um? Scheinbar ziemlich mühelos, denn "The Clock" ist nicht nur in Sachen Produktion ein deutlicher Schritt nach vorn – das Album wirkt auch wie aus einem Guss und in Sachen Songwriting einfach runder und ausgewogener.
Dazu trägt natürlich auch die Nachfolgerin von Sänger Dorian einen nicht zu geringen Teil bei. Der Kritikpunkt, mit dem vor allem das letzte Album "No Gods" zu kämpfen hatte, dass der Gesang uninspiriert, fast schon gelangweilt und auch mal unpassend war, ist ein für alle Mal ausgemerzt. Manja scheint ein fast schon traumwandlerisches Gespür für Melodien zu haben, die sich um die Kompositionen von Chai herum schmiegen, bestens einfügen und nochmal ein wenig mehr aus den Songs heraus kitzeln.
Ob sich die alten Fans von Dorians Stimme mit der krassen Wechseln anfreunden können, muss man letztendlich abwarten, aber nicht nur in Balladen wie "Forever Now", dem Titeltrack oder dem düsteren "Heartless" klingt der Gesang einfach nur bezaubernd und auf eine Weise großartig, die Manjas Vorgänger wohl kaum gelungen wäre. Auch bei treibenderen Nummern wie dem Einstiegsdoppel aus "Freak Me Out" und "Lost In Time" oder "Vendetta" zeigt die Frau, was sie stimmlich zu bieten hat.
Im Gegensatz zu vielen ihrer Sangeskolleginnen in sogenannten Gothic Rock-Bands singt Manja nie außerhalb ihrer Stimmlage und versucht in Tonhöhen zu zirpen, die nicht nur für Hunde ganz schön schmerzhaft sein können. Zwar kann man die Gute auf der anderen Seite auch nicht als echte Rockröhre bezeichnen, doch es ist eh fraglich, ob das zum Sound von JoE überhaupt passen würde. Allein im Duran Duran-Cover "Ordinary World" könnte der Refrain ein wenig mehr Emotion vertragen.
Da Chai die letzten Jahre auch als Live-Gitarrist bei Beloved Enemy unterwegs war, liegt es natürlich nahe, sich für den männlichen Part in "Snow Of Syberia" die unvergleichliche Stimme von Ski auf das Album zu holen. Schade dabei nur, dass es keine Stelle in dem Song gibt, an dem die beiden wirklich zusammen eine Strophe singen.
Wer sich die Limited Edition von "The Clock" sichert, kommt zusätzlich zu den üblichen elf Songs noch in den Genuss einer akustischen Version von "Nothing To Cry For" eines Ambient Mixes von "Heartless", sowie dem chilligen Rausschmeißer "The Mirror".
Für beinharte Metaller sind JoE auch 2011 natürlich nur bedingt interessant, da die Gitarren zu glatt, die Synthies zu präsent und viele Momente zu ruhig sind. Für eine Band irgendwo zwischen EBM und Dark Rock braten die Riffs mitunter aber ganz schon fett und als Teenie- oder Emo-Band sind Jesus On Extasy mittlerweile auch nicht mehr zu bezeichnen. Der Neustart ist also definitiv gelungen.
2 Kommentare
Der Drumcomputer ist hier grauenhaft und übertönt leider alles andere. Daher für mich absolut kein Hörvergnügen.
Jesus! ... was für eine Grütze. Bitte nächstes Mal dann schon die Höchstwertung für sowas.