laut.de-Kritik
So langsam verblasst der "One Of Us"-Schatten.
Review von Kai ButterweckWenn heutzutage Joan Osbornes Name in einer Musikliebhaber-Diskussionsrunde fällt, dann hört man in der Regel zunächst Folgendes: "Das war doch die mit dem einen Hit, oder? Wie hieß der doch gleich nochmal?" "One Of Us" heißt das gute Stück – ein etwas träger Ohrwurm, der auch heute noch gerne im Radio gespielt wird.
Seitdem ist es allerdings merklich still geworden um die lockige Sängerin aus dem Bluegrass-State – zumindest was den Charts-Sektor betrifft. Erst mit ihrem im Jahr 2012 veröffentlichten siebten Studioalbum "Bring It On Home" konnte Joan Osborne wieder ansatzweise an die Erfolge ihrer Anfangstage anknüpfen. Dabei präsentierte sich die mehrfach Grammy-Nominierte von einer ungewohnt rauen und kantigen Seite.
Auf ihrem neuen Album "Love And Hate" geht es hingegen wieder ruhiger zu. Statt Roots-Gitarren und erdverbundener Rhythmen, markieren Streicher, Piano-Klänge und akzentuierte Dynamik-Einwürfe die Eckpfeiler des Albums, das abermals unter der Regie von Jack Petruzzelli (Patti Smith, Rufus Wainwright) aufgenommen wurde. Die Verbindung aus solidem Americana-Songwriting und dezent schmachtendem Background versprüht durchaus Charme, wenngleich die richtig markanten Hooks und Harmonien auch auf diesem Schaffen Mangelware sind.
Ein Album kann aber auch ohne Hits beeindrucken; vorausgesetzt der oder die Verantwortliche weiß, wie man fehlende Evergreen-Melodien kompensieren kann. Joan Osborne hat dahingehend ihre Hausaufgaben gemacht. Mit zart schwingenden Singer/Songwriter-Oden à la "Work On Me", "Train" oder dem fast schon rockigen "Thirsty For My Tears", beweist die Amerikanerin ihr Gespür für langlebige Easy-Listening-Kost.
Wahlweise spartanisch arrangiert ("Love And Hate", "Secret Room") oder aufgepeppt mit funkigen und R'n'B-lastigen Einschüben ("Mongrels", "Keep It Underground") hinterlassen die neuen Songs, trotz vermeintlich unspektakulärer Oberflächen, tiefe Spuren. So langsam verblasst der "One Of Us"-Schatten. Chapeau.
2 Kommentare mit 3 Antworten
Dazu muss man sagen, dass "One Of Us" von dem Hooters-Songschreiber erwerkelt wurde. Wenn sie den noch mal engagieren würde, könnte es durchaus sein, dass mal wieder ein Chartshit abfallen würde. Denn Ohrwürmer schreiben konnte der Typ echt famos.
Hat sie doch ...? 2008 hat sie ihr Album "Little Wild One" mit exakt demselben Produzententeam eingedudelt, das auch schon für "Relish" zuständig war, also mit Hyman, Bazilian, Chertoff und wie sie alle hießen, falls ich noch einen vergessen haben sollte.
Ist dabei ein Chartshit abgefallen? Nun ja ...
Gruß
Skywise
Interessant, das wusste ich gar nicht. Dann müssen wir daraus ableiten, dass die Zeiten für Bazilian'sche Songwriterkunst leider vorbei sind - kommerziell gesehen. Hach, ich mag die Hooters heute noch gerne. Auch wenn sie inzwischen für Geld ziemlich alles machen (zum Beispiel so komische Dinner-Konzerte geben).
Charts-Hit vs Chart-Shit
funktioniert aber, wie geschrieben, auch ohne charts-harmonien