laut.de-Kritik

Rock'n'Roll erfüllte seine Seele.

Review von

In den meisten Fällen verkaufen sich Alben von Musikern, die gerade das Zeitliche segneten, besser als zu ihren Lebzeiten. Sollte sich diese an und für sich traurige Erkenntnis auch für das neue Album von Joe Strummer & The Mescaleros bewahrheiten, bin ich ausnahmsweise mal nicht böse. Denn auf "Streetcore" zeigt der alte Joe noch mal eindrücklich, warum er seit der Clash-Spätphase als Gottvater des Stilmix gilt. Ob Rock'n'Roll, Reggae oder Punk, seelenruhig stellt Strummer einen prächtigen Strauß an eingängigen Melodien zusammen, der noch bunter ausfällt als das Albumcover.

An Leichenfledderei seitens des Labels ist dabei nicht zu denken, denn ein Großteils der Songs war bereits an Strummers Todestag im Dezember 2002 in der Rohfassung fertiggestellt. Den Rest besorgten die Mescaleros Martin Slattery und Scott Shields. Wie schon beim Vorgänger "Global A Go-Go" legt die Band eine mitreißende Spiellaune an den Tag, die in teilweise wunderbaren Songs gipfelt: allen voran die fröhliche Single "Coma Girl", ein mehrstimmiger Good Feel-Heuler, dem nur noch die neue Hymne "Arms Aloft In Aberdeen" das Wasser abgraben kann.

Auch zwei Idole des ehemaligen Clash-Fronters erhalten nachträglich die letzte Ölung: Bob Marleys "Redemption Song", man glaubt es kaum, ist eine gelungene Coverversion geworden. Zarte Orgelklänge und Joes brüchige Stimme steigern den Melancholie-Faktor des Klassikers, und erfährt man den Namen des Tastenmannes wundert einen eh nix mehr: Rick Rubin.

Für dessen prominentesten Kunden, Johnny Cash, war das akustische "The Long Shadow" ursprünglich bestimmt. Wie auch "Redemption Song" nahm Strummer den Song bei Rubin zuhause in L.A. auf, so dass man sich nicht wundern müsste, ihn auf Cashs angekündigtem Boxset wieder zu finden.

Seine Gospel-Seite zeigt Strummer in "Get Down Moses" und unweigerlich ein bisschen Lenny Kravitz-Feeling kommt im getragenen "Ramshackle Day Parade" auf. You got to let love rule. Bevor Strummer den Bobby Charles-Song 'Before I Grow Too Old' uminterpretiert, lauschen wir noch einem arschcoolen (Midnight) Jam, der ein simples Gitarren-Lick mit schrägen Synthie-Sounds verheiratet. Allein dieser Song belegt, dass man Strummer jede Silbe glauben muss, wenn er singt: "Somewhere in my soul, there's always Rock'n'Roll".

Trackliste

  1. 1. Coma Girl
  2. 2. Get Down Moses
  3. 3. The Long Shadow
  4. 4. Arms Aloft In Aberdeen
  5. 5. Ramshackle Day Parade
  6. 6. Redemption Song
  7. 7. All In A Day
  8. 8. Burnin' Streets
  9. 9. Midnight Jam
  10. 10. Silver & Gold

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