laut.de-Kritik
Das wütende Aufbegehren weicht der Geschmeidigkeit.
Review von Martin LeuteNachdem John Vanderslice 2007 mit "Emerald City" ein furioses musikalisches Statement zur politischen und sozialen Lage de USA abgegeben hat, geht der Singer/Songwriter nun wesentlich unaufgeregter zu Werke. Instrumental passiert nach wie vor einiges, aber von der Zerrissenheit und Verstörung, die den Vorgänger geprägt haben, hat er Abstand genommen. Ob der Regierungswechsel in den USA für diesen emotionalen Stimmungswandel verantwortlich ist, sei dahingestellt.
"Viele der Songs handeln von den Schwierigkeiten der Liebe", sagt Vanderslice. "Wenn man eine sehr enge Beziehung führt, blickt man ständig in einen Spiegel. Viele der Stücke setzen sich mit dem gespiegelten Selbst auseinander und mit der zumeist damit einhergehenden Enge".
Mit der thematischen Hinwendung zur Liebe und ihren Auflösungserscheinungen ist das Aufbegehren der Sanftmut, die musikalischen Irritationen und Risse der Geschmeidigkeit gewichen. Ein außergewöhnlicher Songwriter ist er nach wie vor, nur empfiehlt er sich nicht mehr mit jener wütenden Dringlichkeit, die noch den Vorgänger ausgezeichnet hat.
"Tremble And Fear" eröffnet das Werk" mit mehrstimmiger Gesangslinie zur Akustischen, Drums, Bass und dekorativen Synthie-Einlagen, während die wunderbaren Melodien in "Fetal Horses" oder "Carina Constellation" das Schlagzeugspiel und effektvolle Pianotupfer in den Vordergrund rücken. Der immer wieder gedoppelte Gesang und elektronische Einlagen verfehlen ihre Wirkung nicht.
Ganz flauschig präsentiert er sich in den zweistimmig vorgetragenen "C & O Canal" und "Oblivion" mit dezenter Elektronik und Keyboardflächen. "Too Much Time" breitet sich auf einnehmenden aber flächigen Synthies aus wie "D.I.A.L.O.", das wie "Summer Stock" mit einer vertrackten Rhythmik aufwartet.
Bedrohlicher arrangiert ist das melodisch an Elliott Smith erinnernde "Forest Knolls" mit dem Beat eines schnell schlagenden Herzens, dumpfen Pianoschlägen und abrupt einsetzenden Bläsersätzen, "Romanian Names" intoniert er in klassischer Songwriter-Manier zur akustischen Rhythmusgitarre.
Im sparsamen, zur klagenden Geige vorgetragenem "Hard Times" resümiert er schließlich die Unzulänglichkeiten der Liebe und des sprachlichen Ausdrucks: "To find an answer I searched every sentence/ And ended deeper still/ In hard times". Da klingt ein Hauch von Resignation an.
Die musikalischen Qualitäten dieses Mannes sind unbestritten, auch wenn er hier auf aufwühlende und spektakuläre Inszenierungen weitgehend verzichtet. "Romanian Names" ist vielschichtiger, glatt produzierter Indiepop, der Vanderslice von seiner zärtlicheren und harmonischen Seite zeigt. Brannte sich "Emerald City" noch leidenschaftlich ins Hirn, drängt er sich mit diesen beschaulicheren Dramaturgien nicht mehr zwingend auf.
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