laut.de-Kritik

Coolness steht über guten Songs.

Review von

Auf eine Explosion folgt Stille. Nicht bei Jon Spencer, der seine Blues Explosion auf Eis gelegt hat und mit "Spencer Sings The Hits!" ein Soloalbum aufnahm, das ihn im vierten Karrierejahrzehnt so aufgedreht klingen lässt wie noch nie. Hits im Sinne von Chart-Ambitionen müssen nicht befürchtet werden. Stattdessen bleibt er seinem Ruf als Untergrund-Rock-Legende mit außergewöhnlichen Gitarren-Skills treu.

Spencer zeigt zu gerne, was er kann. Dabei greift er auf Stilmittel zurück, die er nicht das erste Mal einsetzt. Selbstreferenzen sind in seinem Fall aber keine Faulheit, sondern geschehen aus Überzeugung. Für die Drums von "Do The Trash Can" trommelte er beispielsweise auf dem Benzintank eines alten Chevys herum. Fans von Pussy Galore wissen beim metallenen Klang sofort Bescheid.

Langzeithörer, die sich für Spencers Solopfade einen eigenständigeren Sound gewünscht hätten, werden aufgrund der großen Ähnlichkeit zur Blues Explosion trotzdem enttäuscht. Dass der Mann eine Koryphäe an seinem Arbeitsgerät ist, beweisen eingängige Gitarren-Loops in Songs wie "Cape" oder "Wilderness". Leider erstickt Spencers unbedingter Wille, cool zu wirken, jeden Ansatz eines richtigen Songs im Keim.

Ergänzt werden die riffhaltigen Gitarrenstücke durch den großzügigen Einsatz von Effektpedalen und Synthies. Chaotisch klingt das Album deshalb nicht. Spencer hält die zwölf Lieder mit seinem Gesang zusammen, der nur gelegentlich über den Spoken-Word-Vortrag hinauskommt. Das passt wiederum zum Megafoneffekt, der den Texten Dringlichkeit verleiht.

Nötig wäre Dringlichkeit jedoch nicht gewesen, da "Spencer Sings The Hits!" kaum inhaltliche Tiefe besitzt. "Look out / Come on / You wanna feel good? / How ’bout it? / Babe, I’m your hit man / Yeah, playing it cool", witzelt er im programmatisch betitelten "I Got The Hits" über die eigenen Songwriter-Fähigkeiten. Nur selten kommen die Lyrics über Nonsens hinaus.

Auf einfachem Wege möchte Spencer seine Hörer nicht rocken. Wer in seine Garage kommt, muss sich den Spaß suchen. Unter der breitbeinigen Schale steckt ein Album, das wie ein Best-Of aus Spencers musikalischen Fähigkeiten klingt. Mit der Hand im Schritt aufzunehmen, macht aber noch lange kein großartiges Rockalbum.

Trackliste

  1. 1. Do The Trash Can
  2. 2. Fake
  3. 3. Overload
  4. 4. Time 2 Be Bad
  5. 5. Ghost
  6. 6. Beetle Boots
  7. 7. Hornet
  8. 8. Wilderness
  9. 9. Love Handle
  10. 10. I Got The Hits
  11. 11. Alien Humidity
  12. 12. Cape

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1 Kommentar

  • Vor 6 Jahren

    ja, gut gesagt. ich persönlich kann zwar mit nahezu allem, was er macht - auch diesem hier - viel anfangen. aber songwriterisch war das alles schon mal stärker.

    mein eindruck: alle sehr guten songideen haben spencer/martinez auf ihrem letzten boss hog-album "broodx" verbraten, das wirklich eine herausragende scheibe wurde. da blieb hierfür wohl nicht so viel übrig.