laut.de-Kritik

Tiefer, melodischer, lyrischer und wahrhaftiger deutscher Soul.

Review von

Joy wer? Eine gute Frage, denn oft ist dieser Name bisher nicht in Erscheinung getreten. Die meisten werden Joy von ihrem 2000er TopTen-Hit "Mit Dir" mit Max vom Freundeskreis kennen. Jetzt ist sie endlich mit ihrem Debutalbum "Mamani" am Start. Ein Album mit Herz. Ein Album mit Seele. "Mamani" ist deutscher Soul in Reinform: tiefer, melodischer, lyrisch hochwertiger und wahrhaftiger Soul, angereichert mit World- und Ethno-Elementen und verfeinert mit dem einen oder anderen Funk-, Blues- bzw. Hip Hop-Beat.

Auf "Mamani" legt Joy Denalane viel Wert auf ihre südafrikanische Heimat. So featured sie eine Reihe afrikanischer Künstler aller Stilrichtungen. Außerdem ist das Intro "Setho" zum Einstieg auf Xhosa, ihrem Heimatdialekt. Die Melodie und Joys Gesang erinnern unwillkürlich an einen stillen Sonnenaufgang in der afrikanischen Steppe. Einfach schön. Direkt zu Anfang erkennt man auch die Vielseitigkeit der Platte. So folgt auf ein afrikanisches Intro ein Soultrack und dann ein Highlight des Albums: der Trennungsblues "Geh Jetzt". Ein Song mit schönem Text und tiefem Gesang voller Intensität, die man ohne Bedenken als echte Emotion abkauft. Insgesamt dominiert auf dem Album aber der melodiöse, teils schwungvolle Soul, der durchgehend zum Mitswingen oder Mitschnippen einlädt. Beispiele hierfür sind: "Was Auch immer", "Sag's Mir" oder "Miscommunication".

Die Lyrics sind innovativ, ehrlich und kredibel. Inhaltlich ist alles vertreten: Texte über Liebe, Trennung, Abschied, Erzählungen und sozialkritische Texte. Diese sind aber in Melodie und Text absolut unstereotyp. So kritisiert "Höchste Zeit" mit eingängigem HipHop-Beat die Einstellung und den Seelenverkauf im Musik-Biz und im Allgemeinen. "Was zum Teufel ist mit uns los/ ich seh uns Pimpen in Videos/ Egotrippen in Interviews/ das nennen wir dann Rhythm and Blues." Eine deutliche und ehrliche Message. Auch die Diskriminierung wird in "Wem gehört die Welt?" auf eine gute Art und Weise ohne jedes Pathos dargestellt. Denalanes Art ist erfrischend, unkompliziert und sehr direkt. Ein weiterer überraschender Track ist "Im Ghetto von Soweto": keine Dramatisierung, keine Trauerhymne, sondern ein sehr funkiger, groovender Track mit afrikanischem Background und von Trompete begleitet. Clap your hands and groove! Der Text beschreibt den Alltag, die Ungerechtigkeiten und Verbrechen in Soweto heute und in der Vergangenheit. Die Trompete spielt der berühmte afrikanische Musiker Hugh Masakela, der schon im Intro die Backen aufgeblasen hat.

"Mamani" ist ein Album, das musikalisch und textlich viel zu bieten hat. Swingend, pulsierend, originell und ins Mark und in die Seele gehend. Ein Album das auf dem wenig abgegrasten Markt des guten deutschen Soul deutlich herausragt. Großer Soul mit großer Stimme. Wer für Joy Denalane weiterhin nur einen fragenden Blick übrig hat, ist entweder blind, taub oder selber schuld.

Trackliste

  1. 1. Setho
  2. 2. Miscommunication
  3. 3. Geh Jetzt
  4. 4. Höchste Zeit
  5. 5. Vier Frauen (Quatro Mudjer/ Vakadzi Vaina/ Quatre Femmes) (feat.Sara taveres/ Chiwoniso/ Déborah
  6. 6. Sag's Mir
  7. 7. Im Ghetto von Soweto (Auntie's House) feat. Hugh Masakela
  8. 8. Kinderlied
  9. 9. Was Auch Immer
  10. 10. Fragen (Ein Brief Aus Lesotho)
  11. 11. Wem gehört Die Welt?
  12. 12. I Cover The Waterfront
  13. 13. Mathatha Agotlokama feat. Mahotella Queens

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LAUT.DE-PORTRÄT Joy Denalane

Joy ist Englisch und bedeutet Freude. Was für eine Freude, dass es im deutschen Soul so jemanden gibt wie Joy Denalane (das spricht man übrigens D-i-n-a-l-a-n-i …

1 Kommentar

  • Vor 4 Monaten

    Nachdem ich Joy Denalane auf dem Watt en Schlick Festival in Dangast live erleben durfte, nach langer Zeit mal wieder reingehört:
    Sehr abwechslungsreich, sehr tiefgründig und ehrlich, und erstaunlich gut gealtert.
    Das was bei der Veröffentlichung bereits fasziniert hat, trifft auch heute noch: Soul auf Deutsch mit direkten Texten. In "4 Frauen" beschreibt Joy Denalane mit gefühlt 4-6 Zeilen das Drama eines ganzen Lebens. Auch "Ghetto von Soweto" trifft - weil auf deutsch gesungen - direkt dahin wo's weh tut. Wunderschön dagegen die afrikanischen Einsprengsel , die ruhigen Balladen wie "Schlaflied" oder "I Cover the Walterfront",das Outro, ... die Bläser allen voran Jazz-Legende Hugh Masekela.
    Nebenbei covert Joy Denalane hier Nina Simone und Billy Holiday, und zwar so, dass es Gänsehaut erzeugt, und vertont ein Gedicht von Brecht ("Fragen"). Und über allem thront der Trennungsblues "Geh jetzt", wegen dem ich das Album gekauft habe.
    So, erster Kommentar zu diesem Überalbum. Zukünftiger Meilenstein!