laut.de-Kritik
Sieger im Trap-Bingo, Letzter der Taylor Gang.
Review von Dominik Lippe"When the last time you seen Juicy J, man? Man shit, not too long ago." Die im Zuge der Konversation auf "Back On The Porch" gestellte Frage kann nur rein rhetorischer Natur sein. Wenn der umtriebige Juicy J nicht gerade den Markt mit eigenen Mixtapes flutet, veredelt er Hit-Singles von Robin Thicke oder Katy Perry mit Gastparts. Nach "Beach House 3" von Ty Dolla Sign und "Laugh Now, Fly Later" von Wiz Khalifa schließt der Rapper aus Memphis mit "Rubba Band Business" den heißen Winter der Taylor Gang ab. Leider geht er dabei nicht nur in chronologischer Hinsicht als Letzter durchs Ziel.
Juicy J dekliniert in stereotyper Form alle Regeln des Trap-Genres durch. Neben der ständigen Wiederholung jeder halbwegs brauchbaren Line, bewegt sich seine Themenpalette klischeehaft zwischen Blunts und Bitches, Sizzurp und Streetlife. Dazu weist er wiederholt auf die verlogene Konkurrenz und die eigene Realness hin: "I'm the realest in this game, I ain't never had to fake".
Sehr viel uninspirierter vermag kaum ein Rapper seiner Bekanntheit aufzutreten. Dazu kredenzt er seine Texte über mehrheitlich völlig durchschnittliche Trap-Instrumentals ("Only One Up", "Hot As Hell"). So gesehen geht Juicy J als Sieger im Trap-Bingo hervor. Lediglich die Autotune-Nutzung bleibt größtenteils außen vor, bis Travis Scott auch diese nachreicht ("No English").
"Drop A Bag", vom britischen The Guardian exemplarisch für die "kindische Frauenfeindlichkeit" des Albums hervorgehoben, wagt mit drastischen Gewaltschilderungen den Rückgriff auf alte Three-6-Mafia-Zeiten: "Blow my high, lose my cool, you gon' make the evening news. They can't find your head to ID you, they don't have a clue". Was als dreckig produzierte Untergrundaufnahme für beste Unterhaltung sorgte, funktioniert als Hochglanzprodukt nur bedingt. Zumal sich die dargebotene Künstlerpersona ganz gehörig mit einem Rapper beißt, der in den vergangenen Jahren vor allem die Nähe zu glatt geschliffenen Artists wie Justin Bieber und Miley Cyrus suchte. Für richtigen Horrorcore empfiehlt sich weiterhin Necro, der auch als künstlerisches Gesamtprodukt funktioniert.
In "No English", der ersten, bereits im Sommer 2016 erschienen Auskopplung, feiert Juicy J mit Travis Scott, bis beide ihrer Muttersprache verlustig gehen: "Party today 'til tomorrow, 'til we don't know no english". Im Falle des Hauptdarstellers sollte der Verlust überschaubar bleiben, immerhin übertrifft sein Wortschatz nur minimal den des US-Präsidenten. Ohnehin legt J in "On & On" Wert darauf, auf einer höheren Ebene zu kommunizieren, auf der Sprachverwendung im klassischen Sinne nur stört: "We communicate on a higher level. Them pussy lips talk back".
Auf der Produktionsseite überzeugt Metro Boomin, der jüngt mit Big Sean für "Double Or Nothing" kollaborierte. Für "Feed The Streets" programmiert er einige dynamische Streicher zum Trap-Unterbau, die dem sonst gerne schläfrig vor sich hin dümpelnden Subgenre Beine macht. "Flood Watch" von TM88 fällt mit seinem dominanten Piano ebenfalls positiv aus dem Rahmen. Auf der anderen Seite des Spektrums findet sich "On & On", das insbesondere im Refrain in Richtung Eurodance abrutscht.
Die in einem anderen Zusammenhang schon einmal als "Unsitte" bezeichnete Angewohnheit, jeden Song mit einem 'reingequatschten Hinweis zu verunzieren', findet sich bekanntlich auch bei Juicy J. Da wäre der gorillaartige Ausatmer ("A Couple", "Ain't Nothing"), den auch Frauenarzt ins Herz geschlossen und zum Abbrennen diverser Clubs verwendet hat, sowie die omnipräsente Trademark-Parole "Yeah Hoe!". Auf Albumlänge erweist sich das als nicht weniger eintönig und ermüdend als bei Rick Ross.
Juicy J liefert mit "Rubba Band Business" ein praktisch völlig innovationsfreies Produkt ab, das sich wohl - der Taylor Gang sei Dank - dennoch vortrefflich an den Mann bringen lässt. Die ständige Wiederholung immergleicher Themen, vorgetragen als immergleiche Phrasen, dutzendfach recyclet und weltweit in die unterschiedlichsten Sprachen adaptiert, erweisen sich als Anzeichen einer sich totlaufenden Trap-Maschinerie. Verständlich, wenn eine zunehmende Anzahl junger Hörer angesichts dessen lieber mit Yung Hurn und Yung Lean in die Cloud abheben.
3 Kommentare
5/5 für Juicy J ist wohl klar. Such mal weiter bei Trap nach lyrischer Finesse LOL.
Leider nur ein mittelmäßiges Album und ein rießen Flop. Platz 191 in den Us Charts ist für einen Rapper wie Juicy J echt eine Blamage. Er hat heutzutage leider nichts mehr was ihn aus macht. Stay Trippy hat mich damals in die Trap Szene gebracht und ist für mich immer noch ein Top Album. Aber das hier wurde einfach schon so oft von so vielen besser gemacht.
5/10
Sicher kein Top 10-Projekt 2017 aber doch ganz passabel. Wer an Juicy kritisiert, dass die Texte mehr oder minder aus Trap-Klischees besteht, der hat die ganze Sache nicht so wirklich verstanden. Das coole an ihm ist ja eben genau, dass er das tut und eben auf Top Level.
Flood Watch ist btw eine der besten Rap-Singles des letzten Jahres.
Noch besser ist Juicy aber über SuicideBoys Produktion, einfach mal die beiden neuesten Mixtapes anhören.